Tagi-Artikel zum Thema
|
Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am
Dienstag, 23. Januar 2007, 14:11
aus dem Zeitung-kauf dept.
Vor einziger Zeit war ein Journalist auf der Suche nach polyamoren Menschen, die gerne über das Thema Auskunft geben. Einige haben das getan und heute erschien im Tages-Anzeiger der Artikel. Bisher nicht online verfügbar, kommt das vielleicht noch.
Update: Inzwischen wurde es im Tages-Anzeiger online geschaltet.
Der Artikel auf Seite 54 (letzte Seite vor dem Stellenanzeiger :-) ist erstaunlich gut geschrieben und bringt ziemlich gut rüber was Polyamory ist und bedeutet. Und auch, was es eben nicht bedeutet.
Schon der Titel "Ich liebe dich und sie, und du liebst mich und ihn" drückt den Polygedanken nett aus. Es geht eben nicht darum, dass nur einer von beiden mehrere Partner haben darf, wie das in polygamen Gebilde häufig der Fall ist. Was daran nicht stimmt ist, dass das sie und ihn natürlich auch ein gleichgeschlechtliches Persönchen sein dürfte. Aber das wär vermutlich nicht in kurze Worte zu fassen. Dazu gibt es ja nachher den Text.
Die Beschreibung wie es zu Polyamory kommen kann entspricht zwar absolut nicht dem wo mir passierte, aber ich denke mir schon auch, dass es auf viele zutrifft:
Wer kennt das nicht: Man lebt in einer ganz harmonischen Beziehung. Aus heiterem Himmel taucht Mister oder Miss Wonderful auf und wirbelt das eingespielte Partnerleben durcheinander.
Hmm nein hab ich tatsächlich nie so erlebt. Oder ich hab es stets - wie nachher im Artikel beschrieben - verdrängt. Es darf ja nicht sein, dass man sich in einer *glücklichen* Partnerschaft in einen anderen Menschen verliebt.
Aber auch die Aussage "Die monogame Beziehung, sich ein Leben lang ausschliesslich einander versprechen, das läuft der menschlichen Natur zuwider" wie auch "Mein Herz gehört nur dir allein, das geht auf lange Dauer nicht gut" kommen in dem Text vor, und widersprechen eigentlich meinem Gefühl. Ich denke schon, dass man lebenslang monogam sein kann. Die Frage ist natürlich, ob das sinnvoll ist. Aber gerade für Menschen, die nicht soviel nachdenken, die nicht alles hinterfragen, ist die Monogamie ein geschützter Raum, wo sie in "Sicherheit" leben können.
Polyamor leben bedingt doch einiges an Kraft und Energie. Es geht dann nicht mehr nur darum, zwischen einem Partner und sich selber den Weg zu finden, nein es sind noch mehr Personen involviert, die alle verschiedene Bedürfnisse haben. Dabei hinzukriegen, dass keiner zu kurz kommt und alle mit dem Kompromiss klarkommen, ist meist recht aufwendig. Aber eben auch lohnenswert.
Und ganz wichtig find ich im Artikel den Satz von Roman: "Das Spezielle an Polyamorie ist die absolute Gleichberechtigung aller Beteiligten. Viele der als polygam beziechneten Konstellationen kamen früher durch schiefe Machtverhältnisse zu Stande.". Und genau da seh ich auch die Schwierigkeit polyamory zu leben. Ein Kommentator hier hat mal geschrieben "Erfahrungsgemäss lassen sich gerade Frauen auf "offene Ehen" ein, die sich ganz tief im Inneren für unattraktiv halten und hassen." und die Problematik find ich auch als ganz wichtig zu betrachten.
Wie häufig stimmt eine Partei dem polyamoren Leben zu, nur um den Partner nicht zu verlieren? Weil er/sie glaubt, ohne den anderen nicht leben zu können, selber aber eigentlich eher monogam veranlagt ist und keine weiteren Beziehungen führt? Da als polyamorer Mensch genug sensibel zu sein und eben auch mal auf die Auslebung des Polylebens zu verzichten halte ich persönlich für ganz wichtig - und stell mich damit gleich dem Flame-Feuer von Polyamoristen aus, die es normalerweise andersrum sehen. Warum selber nicht ausleben dürfen, nur weil der Partner das nicht will.
Ob die Menschen - wie Roman beschrieb - reif für polyamory sind möchte ich so nicht voll und ganz unterstützen. Viele sind es nicht. Aber die wo es sind bekommen nun hoffentlich genug Unterstützung ihren Weg zu finden. Denn entgegen dem im Artikel geschriebenen "...fehlende Akzeptanz ihrer Lebensform." empfange ich sehr viel Akzeptanz in meiner Umgebung. Die Menschen sind vielleicht etwas erstaunt, aber sehen, dass die Lebensform für uns stimmt, dass die Kinder nicht darunter leiden und versuchen daher auch nicht, uns irgendwie zur Monogamie zurückzuführen. Selber polyamor zu leben, sehen sie für sich selber allerdings auch nicht. Das hingegen kann ich selber wiederum gut akzeptieren. Und ich bin sicher, sollte sich jemand in meinem Umfeld "versehentlich wieder verlieben" wird er meine Lebensweise im Hinterkopf haben und bereits eine Möglichkeit sehen, alles unter einen Hut zu kriegen und muss es nicht mit Fremgehen und Betrügen ausleben.
Alles in allem also ein sehr guter Artikel, der dem Thema "Polyamory" gerecht wird und nicht wie damals die Neue Luzerner Zeitung falsche Informationen liefert. Hoffen wir, dass der Artikel von vielen gelesen wird und sich im Hinterkopf behalten, dass es neben dem Betrügen noch eine ehrlichere Variante gäbe - auch wenn die wesentlich anstrengender ist. Denn für viele die sich weiterverlieben hört die polyamore Beziehung auf, wenn der eigene Partner dasselbe tut.
Permalink
|
Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer
immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie
verantwortlich.
-
Re: Tagi-Artikel zum Thema
Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Freitag, 26. Januar 2007, 09:58
Der Artikel ist definitiv lesenswert und mittlerweile auch online lesbar.
|
TrackBack Pings:
- Polygamie
Submittet auf
DER DISSIDENT
am 2007/01/23 15:00:03.789 GMT+1
Polygamie, die; -, keine Mehrzahl 1. Gleichzeitigkeit mehrerer Geschlechtspartner, Gegenteil Monogamie(1) 2. Vielehe, Gegenteil Monogamie (2) 3. BOTANIK gleichzeitiges Auftreten zwittriger und eingeschlechtlicher Blüten auf einer Pflanze
...
|
|