Bye, bye Smart
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Geschrieben von Beat Rubischon am
Freitag, 21. Oktober 2005, 19:58
aus dem sniff dept.
Am Mittwochabend passierte es. Ich fuhr in meinem Smart vom Fahrtraining her heim und kurz vor dem Baregg begann die linke Vorderbreme zu quitschen. Veltheim hat ihr wohl den Rest gegeben.
An der Raststätte Würenlos auf den Parkplatz vor der Tankstelle. Die Felge ist bereits so heiss, dass man sie nicht mehr anfassen möchte. Ein paar Mal kräftig in die Bremsen getreten und das Quitschen ist wieder weg. Noch nicht einmal im Autobahnkreuz Limmattal beginnt es wieder. In Zürich, unter der Ueberbauung Hard der nächste Halt. Die Felge ist jetzt noch heisser. Vielleicht noch 50, vielleicht 100km, dann ist die Bremse komplett hin. Also nicht nach Hause, sondern in die Parkgarage der ETH Hönggerberg und im Landy neben Priska nach Hause.
Auf dem Heimweg beginnen die Gedanken. 175'000km hat der Kleine jetzt drauf. Ausser einem Abflug in die Leitplanken vor anderthalb Jahren keine nennenswerten Reparaturen. Andererseits einige Dinge fällig: Der Auspufffächer, an dem leider auch die Turbine hängt, die Querlenker und natürlich Winterpneus. Mindestens neue Bremsklötze, viel eher aber gleich auch neue Scheiben, die linke Bremszange und wohl auch noch der Hauptbremszylinder. Vielleicht 4000.-, wohl aber eher 6000.- damit ich den nächsten Winter fahren kann. Versicherung, Steuern, Parkplatz. Alles ist Ende Jahr neu fällig. Nächstes Jahr MFK, auf absehbare Zeit Kupplung. Die problemlose Zeit ist vorbei und das Auto beginnt ein Fass ohne Boden zu werden.
Seit meinem Testdrive weiss ich, dass man mit dem OeV arbeiten kann. Will ich das auch? Es war schon Donnerstag Morgen, als ich auf unserem Balkon stand und in den Nachthimmel schaute. Was verliere ich? Vielleicht die nette Nummer GL 25602 welche eins höher ist als die von Priska. Die Versicherungsstufe wird da weiterlaufen, wo ich jetzt aufhöre. Das Training? Ein neues Auto braucht sowieso Einfahrzeit für Auto und Fahrer. Ich verliere nichts, was weh tut. Andererseits gewinne ich. Priska meint etwa 600.- pro Monat, ich rechne noch den Abschreiber mit und sage 1000.-
Noch bevor ich in's Bett steige, steht mein Entschluss fest.
Am Donnerstag gehe ich mit Bus und Zug arbeiten. Für 25.- kaufe ich mir ein Billett Obstalden Zürich retour, für Zürich habe ich noch eine Tageskarte. Im Büro nicht nur tägliche Arbeit, sondern auch ein paar Telefonate. Am Abend weiss ich, dass ich einen Rabattgutschein für ein GA bekomme und meinen Smart am Freitagnachmittag in Wallisellen zurückgeben kann. Geld wird es keins mehr geben - dafür sind die Chancen, ein Auto mit derart vielen Kilometern zu verkaufen, zu gering.
Heute hatte ich frei genommen. Am Morgen auf's Strassenverkehrsamt, den Fahrzeugausweis ungültig stempeln lassen. Gleichzeitig frage ich nach den Bedingungen für die Motorradprüfung. Die Idee ist noch immer da, mit einem Roller die Abhängigkeit vom Bus nach Obstalden zu reduzieren. Danach eine Stunde Aerobic, einkaufen, heim Zmittagessen. Der Pöstler hat bereits den Gutschein für's GA mitgebracht. Priska fährt mich danach mit den abgefahrenen Winterreifen im Kofferraum in die ETH. Da noch ein paar Fotos, Kleinteile ausmisten, Reifen umladen. Obwohl in meinem Auto keine Kinder unterwegs sind und ich mich in den letzten Jahren massiv gebessert habe, kommt dennoch eine halbe Bananenschachtel Kleinzeugs zum Vorschein.
Nach einer Kaffeepause mit meinen Teamkollegen mache ich meine letzte Fahrt mit dem Smart nach Wallisellen. Zum ersten Mal fahre ich zum Smartcenter ohne mich zu verfahren. *strike* Der Herr Smart junior sagt mir, dass der Herr Smart nicht da sei und wohl erst später komme. Er offeriert mir einen Kaffee und einen gemütlichen Sitzplatz. Irgendwann kommt ein Fräulein Smart und fragt mich, ob ich noch durst hätte. Ich verneine und geniesse die Ruhe. Nach etwa einer halben Stunde plötzlich Aufregung. Das Fräulein Smart hat realisiert, dass ich auf den Herrn Smart warte und der noch nicht da ist.
Sie begleitet mich an die Theke und lässt mich ein paar bewundernde Blicke auf ihren langen, schwarzen Rock werfen. Bevor sie sich hinter die Theke setzt, lasse ich sie noch ein paar bewundernde Blicke auf meinen Utilikilt werfen. Der Herr Smart ist noch nicht da, aber ich soll doch den Schlüssel und den Fahrzeugausweis schon einmal deponieren. Den Rest werde ich per Post bekommen. Alles klar. 30 Sekunden später bin ich ihn los. Ob sie mir noch sagen könne, wo der Bahnhof sei? Ich nehme noch die Nummernschilder ab und verabschiede mich von dem Kleinen, mit dem ich doch so viel erlebt habe.
Unterwegs treffe ich wieder auf Priska und die Kids. Der Herr Smart ruft noch an, entschuldigt sich für sein Fernbleiben und offeriert mir einen Gutschein über 500.- für den Fall, dass ich innert einem Jahr wieder einen Smart kaufen würde. Wir fahren heim, machen noch einen Abstecher in den Bahnhof Ziegelbrücke. Der Bahnhofsvorstand, freundlich wie schon bei der Bestellung des Tickets nach Südfrankreich, fabriziert mein GA auf dem bereits wochenendmüden Rechner. Jetzt muss ich nur noch den Parkplatz an der ETH künden, dann ist meine Migration zum OeV Benutzer durch.
Ich weiss nicht, wie lange ich das durchziehen werde. In den letzten 15 Jahren habe ich runde 675'000km abgespult, während dieser Zeit besass ich immer eines, manchmal auch zwei Autos. Erst einen blauen Nissan Sunny 1500, nach der RS einen schwarzen Suzuki SJ413. Beides Occasionen. Kurz vor der Hochzeit kauften wir einen neuen Suzuki Samurai, weiss. Nach runden 250'000km musste ich ihn durch einen schmutzigweissen, gebrauchten Samurai ersetzen. Dann der Smart. Ein weisses Cabrio. Er begleitete mich öfters zum Tanzen, letzten Sommer in die Ferien. Auf seinem Beifahrersitz sassen viele der Menschen, die mir besonders viel bedeuten. Wir kämpften uns durch Schnee und Eis, wir flogen ab und überlebten einen Crash in die Leitplanke vor Bilten. Er brachte mich immer nach Hause - mit zwei Ausnahmen. Im letzten Winter wollte er nicht den Hang hoch und musste in Filzbach übernachten, diesen Mittwoch machte die Bremse Aerger und ich wollte mich nicht mehr auf sie verlassen. Ansonsten war es das problemloseste Fahrzeug, das ich je hatte.
Es wird ein sehr spezielles Gefühl sein, kein "eigenes" Auto mehr zu haben. Andererseits bin ich froh, die Verantwortung für mein an-die-Arbeit-kommen vorerst jemandem anderen abgeben zu können. Mein Job hat mir einiges an Verantwortung übergeben, die Kids fordern einen auch immer mehr. Ich hatte in den vergangenen Wochen durchaus Mühe, Abends heimzukommen und bin froh, wenigstens eine Pause zu bekommen. Viel Organisationstalent ist nun gefragt, schliesslich möchte man auch einmal in den Ausgang kommen. Ich bin gespannt, wie das kommen wird!
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Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer
immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie
verantwortlich.
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Re: Bye, bye Smart
Geschrieben von maol am
Freitag, 21. Oktober 2005, 22:24
Herzliches Beileid! Ist sicher nicht einfach, so Knall auf Fall vom Autobesitzer zum Mitfahrer zu werden, nach 15 Jahren... da war es wirklich ein guter Zufall, dass Du vor kurzem noch beim Testdrive mitmachen durftest!
*Daumendruck* dass Du den ÖV meisterst, und Deine Termine drumherum drapieren kannst. Und: Töfffahren ist genial.
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Re: Bye, bye Smart
Geschrieben von Peter am
Freitag, 21. Oktober 2005, 22:31
Beat
Ich war gerade ziemlich erstaunt als ich das gelesen habe und musste beim Lesen auch ziemlich lachen.
Hey, ich wünsche Dir viel Spass, Kraft und Erfolg bei der Umsetzung deiner Entscheidung.
Peter
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Re: Bye, bye Smart
Geschrieben von HAL am
Samstag, 22. Oktober 2005, 00:48
Heyho
Erstmal mein Beileid wegen des Autos... Als Hardcore-OeV-User kann ich Dir aber auch was Gutes mitteilen: Dank OeV konnte ich in den letzten 4 Jahren fast eine Stunde pro Tag mehr schlafen. Ab naechster Woche wird es sogar ein bisschen mehr sein. Mit anderen Worten: Da Du jetzt die OeV benutzt kannst Du in der Nacht massiv laenger hacken.
(Falls Du im Zug nich schlafen kannst hast Du hingegen zuwenig gehackt :P)
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Re: Bye, bye Smart
Geschrieben von Priska Rubischon am
Sonntag, 23. Oktober 2005, 12:23
Auf seinem Beifahrersitz sassen viele der Menschen, die mir besonders viel bedeuten.
Und der Beifahrersitz wurde auch auf andere Dinge geprüft und irgendwer klebte das Quick&easy-Zertifikat hin.
Ich wünsche Dir viel Spass beim Zugfahren -getestet hast Du es ja. Und notfalls haben wir schnell ein Auto organisiert. Es wird also kein Zwang auf Dauerhaftigkeit bestehen, was dem Ganzen eher einen grösseren Reiz gibt.
pashbank_g.jpg
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Re: Bye, bye Smart
Geschrieben von Tontaube am
Dienstag, 22. November 2005, 12:42
Hey Beat, gratuliere dir zu diesem mutigen Schritt. Schliesslich ist es für manche in deiner Umgebung ein beinahe unmöglicher Umstieg ;-)
Ich wünsch dir jedenfalls viel Spass beim Nutzen der gewonnenen Zeit, sei es beim Schlafen im Zug wie HAL vorschlägt, sei es beim gemütlichen Plaudern mit Leuten in / über bestimmte Kleidungsstücke oder gar beim amüsierten Zusehen wie andere Leute nervös werden, wenn dein Zug mal Verspätung hat. Ich kann mir vorstellen, dass es für dich ein Art Luxus ist, mit dem Zug zur Arbeit fahren zu können, Zeit, die du nicht unbedingt Nutzen musst sondern auch einfach mal geniessen kannst - mitten im Alltag.
Grüess Philipp
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TrackBack Pings:
- Welcome Smart
Submittet auf
0x1b - Blog
am 2006/05/11 20:14:53.527 GMT+2
Im vergangenen Dezember, als klar war dass ich einen neuen Job beginne, bestellte ich einen Smart. Es war am 11.12.05 - an dem Tag, an dem ich auch die Pulsuhr kaufte und gerade drei Tage im Besitz meines Powerbooks war. Neue Jobs werfen Wellen :-) Heute war der Tag gekommen, um den Smart abzuholen!
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