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 Röcke sind Hingucker 
Labberfaselbla Geschrieben von Beat Rubischon am Freitag, 5. August 2005, 17:53
aus dem stielaugen dept.

Während meiner Ferien in Aigues-Mortes wurde mir einmal mehr bewusst, wie stark ein Rock Blicke anzieht. Egal, ob er die Beine einer Frau oder eines Mannes bedeckt. Egal ob bodenlang oder superkurz. Egal ob blumenbedruckt oder einfach schwarz. Egal ob barfuss oder in Wollstrumpfhosen. Warum eigentlich?

Doch bevor ich darauf eingehe, erst den versprochenen Blick zurück auf die Tage in Aigues-Mortes. Ich war unterwegs in meinem Utilikilt und traf im Verlaufe des Nachmittages im Camping Petite Camargue ein. Viele Camper aus Nordfrankreich, Belgien und den Niederlanden, vor allem Familien mit Teenies. Mein Outfit erweckte Aufsehen in dieser Welt von Badehosen, T-Shirts, Strankleidchen, Pareos und Flip-Flops. Ich wurde angeguckt und bewundert. Mir wurde nachgepfiffen. Die Leute wiesen einander gegenseitig auf den homme avec jupe hin. Es war einfach herrlich ;-)

Die Einheimischen hatten keinerlei Probleme, akzeptierten mein Outfit und bedienten mich vorzüglich. Der eine oder die andere konnten ihre Freude nicht unterdrücken und sprachen ein Kompliment aus - ich erhielt in den drei Tagen fünf positive Feedbacks zu meinem Rock!

Auch ich selbst erwischte mich immer wieder dabei, wie ich einem hübschen Jupe und der darin verpackten Frau - Männer in Röcken sind ja doch ziemlich selten - nachgucke. In einer typischen Staatsangestelltenkaffeerunde in unserer Mensa kann ich auch regelmässig beobachten, dass das nicht nur mir passiert. Dank meinem doch meist ausgefallenen Outfit erlaube ich mir, den entsprechenden Frauen auch in die Augen zu gucken - etwas, was Otto Normalo sich doch eher nicht getraut. Die Blicke geraten bei denen eher verstohlen.

Was macht einen Rock derart zum Hingucker?

Mein Grossvater erzählte mir vor langer Zeit von den Kleidungssitten in seiner Jugend. Die Mädchen mussten einen Rock oder ein Kleid tragen, das die Stelle, wo die Beine zusammenkommen, verdeckt. Schliesslich ist eben diese Stelle in der gängigen christlichen Kultur pfui. Mit der Frauen-in-Hosen-Revolution in den 60ern ist der Anblick eben dieser Stelle etwas normales geworden. Die typische Männermode in den 90ern ging noch weiter und hat den kleinen Unterschied zwischen Mann und Frau besonders betont. Ja, es gab eine Zeit, in der man möglichst enge Jeans trug und nur die Hip-Hopper sich in Schlabberlook stürzten :-)

Eine Frau im Rock versteckt so gesehen etwas, macht sich zum verpackten Geschenkpaket. Der Rock wird zur Vorstufe des Dessous, welches die Nacktheit versteckt und zum Auspacken reizt. Gerade bei den visuell empfänglichen Männern spielt die Phantasie schnell in diese Richtung.

Die Rocklänge spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Je kürzer, desto mehr zeigt die Trägerin, je länger, desto mehr verhüllt sie. Mehr Einfluss hat das Drumherum - was für Schuhe, was für ein Top, Rucksack oder Handtasche? Da zeigt es sich rasch, welcher Typ Frau in dem Rock steckt. Ist es eine Businessfrau, Grüne, Zicke oder Professionelle? Derselbe Rock kann mit einem paar Nylons und Pumps eine komplett andere Wirkung haben als unrasierte Beinen in Wollsocken und Birkenstocksandalen.

Wenn dann noch ein Mann im Rock auftaucht, kommen die Eindrücke etwas durcheinander: Frauen sehen in einem Rock ein Kleidungsstück, dessen Wirkung sie vielleicht kennen und geniessen. Die meisten freuen sich aber einfach darüber, dass sich ein Mann in einen Rock gestürzt hat. Männer, vor allem junge, sehen einerseits den sexuell anziehenden Effekt eines Rockes, andererseits den darin steckenden Mann. Ist der Mann dann noch seiner eigenen Sexualität unsicher, kommt schnell ein abschätziger Blick oder ein abschätziges Wort daher. Mit dem Alter werden die Männer sich sicherer und können diese Verbindung von Rock zu Frau problemlos trennen und den Rock als solches sehen.

Wieder zurück zum Camping: Pfiffe, negative Kommentare (keine Ahnung, was schwul auf Französisch heisst) kamen praktisch ausschliesslich von jugendlichen Männern. Solche, die man früher wohl als Halbstarke bezeichnete. Die Mädchen guckten verdutzt, weil der Anblick wohl etwas speziell daherkam, aber sie gewöhnten sich rasch daran. Die Eltern, vor allem die Mütter, hatten einfach Freude und ich tauschte mit einigen ein paar heisse Blicke aus. Die Väter? Die waren bestenfalls neidisch, dass ich mich traute ;-)

Permalink

Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • maramatz@yahoo.com Re: Röcke sind Hingucker
    Geschrieben von maramatz am Donnerstag, 1. November 2007, 02:58

    Richtig, Roecke sind echte "Hingucker". Ich moechte nichts wiederholen, nur einige Ergaenzungen einbringen. Ich bin ein sogenannter maennlicher Rocktraeger, durch gewissen gesundheitliche Gegebenheiten durch einen Arzt zum Rocktraeger gemacht worden. Ich moechte, obwohl ich am Anfang ein absoluter Gegner des Rockes am Mann war- ich brachte den Rock in Verbindung mit meiner Maennlichkeit, heute weiss ich es besser (was manche uebrigens nie lernen werden)-, ihn heute nicht mehr missen.
    Er macht mir nicht nur das Leben leichter, er hat mir sehr viele Freunde gebracht. Freunde, die meistens keine Rocktraeger sind, fuer die ich irgendwie ein Vorbild bin.
    Ich trage Roecke knielang bis ueber das Knie, keine laengeren und ich achte darauf, dass sie keinen "fraulichen Touch" haben, also nicht zu tailliert geschnitten sind. Dazu Stuetzstrumpfhosen und ganz normale Herrenschuhe, Oberbekleidung wie gewoehnlich. Wenn ich mal bei einer seltenen Ausnahme keinen Rock anhabe, werde ich gleich gefragt ob ich krank bin.
    So kann es also auch sein, es kommt auf den Standpunkt des Betrachtens an.

  • bodenfraeser@bluewin.ch Re: Röcke sind Hingucker
    Geschrieben von Andy am Mittwoch, 6. Februar 2008, 06:49

    Hallo Zusammen. Ich gehe da noch einen Schritt weiter und sage: Wenn du noch zusätzlich Stützstrumpfhosen wegen Venenproblemen tragen musst, dann wird es zum Hingucker.
    Ich bin so ein leidgeplagtes Ding. Ich müsste die Dinger jeden Tag tragen, meint mein Dermatologe. Puhh das schaffst du unter den Hosen nicht im Sommer! Darum überlege ich mir, einmal einen Tag dann im knielangen Jeansjupe im Frühling zu verbringen. Es fehlt nur noch was. Der Mut! Und die Akzeptanz meiner Frau, da sie sehr konservativ in vielen Dingen ist. Würde sie das so auffassen wie Beats Frau, hätte ich ein grosses Problem weniger. Beat hat auch den vorteil, dass er an seinem Arbeitsplatz mit Leuten konfrontiert ist, die wenigstens ein gewisses Niveau haben, das macht es besser erträglich. Aber hier in der freien Marktwirschaft, kannst du Röcke am Mann, vergessen!

    • beat@0x1b.ch Re: Röcke sind Hingucker
      Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Mittwoch, 6. Februar 2008, 08:40

      Beat hat auch den vorteil, dass er an seinem Arbeitsplatz mit Leuten konfrontiert ist, die wenigstens ein gewisses Niveau haben, das macht es besser erträglich.

      Du täuschst Dich da gewaltig :-) Auch ich bin in der Privatwirtschaft, arbeite in einem Betreb mit richtigen Männern™ und habe regelmässig Kundenkontakte.

      Ich habe ganz klar das Gefühl, Du suchst in den Stützstrumpfhosen eine Art "Ausrede", einen Rock anzuziehen. Sei einmal ehrlich zu Dir - warum willst Du einen Rock tragen? Ist es Freude am Rock an sich? Eine Spur Travestismus? Etwas Extrovertiertheit?

      Trage dann diese Ehrlichkeit zu Deiner Umgebung. Zu Deiner Frau, je nachdem was es ist zu Deinen Arbeitskollegen. Wenn Du Dir gegenüber ehrlich bist, wird Dir auch niemand das Wasser abgraben können.

      • bodenfraeser@bluewin.ch Re: Röcke sind Hingucker
        Geschrieben von Silixflox am Donnerstag, 28. Februar 2008, 07:45

        Schau, meine Neigung ist eigentlich sehr ausgeglichen. Ich suche auf keinen Fall eine Ausrede einen Rock tragen zu können/dürfen. Hast du schon einmal eine Stütz- bzw. Kompressionstrumpfhose getragen? Im Winter herrlich, keine Frage. Nachteil: Wenn du nach Hause kommst ziehst du auch automatisch die Hose aus weil die Wärmeentwicklung ist nicht ohne. Darum habe ich einmal den Versuch unternommen zuerst in kurzen Hosen meine Freizeit zu bestreiten. Man schwitzt jedoch genau gleich im oberen Quadranten. Irgendwann diesen Herbst habe ich dann meinen ganzen Mut zusammen genommen und habe in einem Geschäft einen Stretch-Jeansjupe knie lang erstanden. Das fand ich sehr angenehm und bequem zu tragen. Ich kann die Aussagen von Frauen, Röcke seien unbequem, von diesem Modell nicht behaupten.

        Meine liebe Frau hat bei einem leichten informativen Vorstoss meinerseits, was zu einem Rock zu sagen währe, ein "Spinnsch" in einem ziemlich anachronistischem Ton, von sich gegeben, was mich veranlasst hat die Sache aufzuschieben.
        Für ein solches Vorhaben, braucht es eine entsprechende Vorbereitung, auch mit Stoff welcher die Situation ordentlich darlegt. Mein Ziel ist es keine Ehekriese dadurch entwickeln zu lassen.

        Ich bin in solchen Sachen eher der Diplomat, neige gewisse Sachen im richtigen Moment und mit der richtigen Art zu verkaufen. Von der Holzfällermethode halte ich nicht viel.

        Für mich ist es auch sonnenklar, dass ich den Rock in den nächsten 10 Jahren sicher nicht zum Arbeiten tragen kann. Aber ich möchte mir wenigstens die Freizeit angenehmer gestalten.


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  • Röcke sind Hingucker
    Submittet auf Männer im Rock... Revolution oder Renaissance? am 2005/08/06 23:14:50.287 GMT+2
    Beat hat in unserem Blog einen interessanten Artikel verfasst, der hier sicher dem einen oder anderen gefällt.