0x1b - ESCAPE
HTML PDF Postscript
 25 Jahre 
Beat Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Montag, 1. April 2013, 15:42
aus dem *ich-bin-alt* dept.

April 1988, klein Beat verliess nach einem Extrajahr die Schule und stieg ins Berufsleben ein. Am ersten Morgen bereits eine Schulung vom Aussendienstmitarbeiter der MINOLTA, er präsentierte mit der 7000i die erste Autofokus Spiegelreflexkamera der zweiten Generation. Zwei Jahre später, ein Fähigkeitsausweis mit Note 5.6 in der Tasche, stieg ich bei seinem Arbeitgeber ein und legte den Grundstein für meinen heutigen Job in der Computerei.

Ein erstaunlich geradliniger Weg liegt hinter mir, von einfachen Verkaufsstift zum Senior Software Engineer - klassischer Quereinstieg, eine Chance, die heute wohl nicht mehr in dieser Art möglich ist. Ich werde von meinen Kunden oft gefragt, was ich denn studiert hätte und sie staunen nicht schlecht, wenn ich von meinem Start an der Front eines renommierten Fotogeschäftes an der Löwenstrasse in Zürich erzähle.

Teddy Dass meine Eltern mir eine Verkäuferlehre erlaubten, rechne ich ihnen hoch an. Ich profitiere beinahe täglich von den Erfahrungen, der harten "Erziehung" durch meinen damaligen Chef - auch wenn ich ihm damals des öfteren den Hals hätte umdrehen können... Es ist die unterste Kaste, finanziell so aussichtslos wie Gastgewerbe oder Pflegeberufe. Doch waren die 80er noch etwas anders als die heutige Zeit, wir hatten reelle Chancen, aus unserem Leben etwas zu machen ohne gleich "oben" einzusteigen zu müssen. Unter diesem Aspekt bin ich durchaus froh, alt zu sein und nicht heute meinen beruflichen Weg suchen zu müssen.

Meine Mutter kramte kurz vor meinem ersten Arbeitstag meinen Teddybär hervor, den ich vor allem von Babyfotos von mir kenne. Sie verpasste ihm ein Mäntelchen in den damaligen Foto Bären Farben und schnallte ihm eine Kamera um - ein kleiner Glücksbringer, der mich bis heute begleitet und einen Ehrenplatz in meiner kleinen Vitrine besitzt.

25 Jahre, mit der aktuellen Diskussion um das AHV Alter wohl ziemlich genau Halbzeit. 25 Jahre Leben auf der Ueberholspur, permanent 120% Jobs, jeden Tag Herausforderungen, Lernen, Verzweiflung und Erfolgserlebnisse. Die Zeit hat Spuren in meinem Gesicht hinterlassen, ich sehe jeden Tag mehr graue Haare in meinem Bart.

Wie mag mein weiterer Weg wohl aussehen? Mir sind viele begegnet, die ähnlich gelebt und gearbeitet haben wie ich - einige der Besten haben mich noch vor 50 in die Ewigkeit verlassen, andere aufgrund von gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Problemen einen zwangsweisen Ausstieg nehmen müssen. Und spätestens mit einer 5 auf dem Rücken wird Jobsuche verdammt schwer...

Noch bin ich mittendrinn, auch wenn ich vor 20 Jahren das Ziel hatte, mit 30 nicht mehr "an der Maschine" zu arbeiten. Zwei Menschen sind darauf angewiesen, ihre eigene Ausbildung beenden und einen guten Start ins eigene Leben zu finden. Bis dahin mache ich das was ich kann, was mir Spass macht und Ende Monat das Bankkonto füllt. Wenn es mich danach noch gibt, ist alles offen - ich könnte mir durchaus vorstellen, "back to the roots" zu gehen und meine Karriere da abzuschliessen, wo ich sie begann - im Umfeld der Fotografie, zusammen mit Menschen, mit denen mich die Freude am Bildermachen verbindet.


Klicken um Attachment herunterzuladen CT9C9142.jpg 112KB (115408 bytes)


Permalink