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 Zünftiges 
Nala Geschrieben von Nala Rubischon (Link) am Mittwoch, 13. April 2011, 14:29
aus dem sächsischüüse dept.

Am Wochenende war es wieder soweit. Sechsiläuten war angesagt. Interessiert hier hinten natürlich niemand, möchte Euch trotzdem meine Gedanken dazu mitteilen.

Grundsätzlich mag ich die Tradition des Sechsiläuten. Als wir noch einen Fernseher hatten, schaute ich mir jeweils am Montag nachmittag den Umzug am TV an. Die alten Kostüme, die verschiedenen Zünfte. Schön. Und natürlich um Sechs das Böög verbrennen. Egal welche Zeit ich jeweils tippte, ich lag glaub noch nie richtig...

Nun hat das Sechsiläuten meiner Meinung nach aber auch gewisse fragwürdige Komponente. So dürfen dort nur Zünfter und ihre Angehörigen (und Freunde schätz ich mal) mitlaufen. Zünfter wird man aber nur, wenn man viel Geld hat und sich in eine Zunft einkauft, bzw. reingeboren wurde. Und da reingeboren werden heisst, dass man zu den oberen 10'000 oder noch weniger von Zürich gehört. Es ist also seit jeher das Fest der Reichen.

Dass der Umzug von vielen tausend Besuchern angeschaut wird, zeugt für mich irgendwie davon, dass uns in der Schweiz das Royale fehlt und wir es damit kompensieren. Der Mob will den höheren Tieren applaudieren, sie bewundern.

Dass in den Zünften nur Reiche sind wär mir ja noch egal. Aber wieso heissen diese Zünfte noch so wie vor vielen Jahren? Während wohl kaum mehr einer der Zünfter dem Zunftberuf nachkommt. Oder glaubt Ihr, dass einer der Zunft zur Schmiede noch wirklich als Schmid arbeitet? Zunft zum Weggen hat nur Bäcker und Müller als Mitglieder?

Kurze Recherche im Web ergab, dass bei der Zunft zum Weggen gerade mal noch 1/5 Bäcker oder Müller sind. Etwas wenig oder? Die anderen sind dann wohl Rechtsanwälte, Politiker und Hochwohlgeborene.

So erfreue ich mich jedes Jahr dem Sechsiläuten mit dem faden Nachgeschmack, dass die wirklichen Handwerker aussenvor bleiben müssen. Immerhin dürfen die nach dem Böög verbrennen das Feuer nutzen und sich einen Cervelat brötle :-)

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Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • christof@buergi.lugs.ch Re: Zünftiges
    Geschrieben von P2501 (Link) am Donnerstag, 14. April 2011, 10:02

    Eine kleine historische Korrektur, wenns recht ist. ;-)

    Das Sechsilüüte war ursprünglich keineswegs des Fest der Reichen, sondern im Gegenteil (auch) eine Demonstration der Handwerker, deren vormaliger Wohlstand und Einfluss zunehmend an die "Pfeffersäcke" (Händler, Geldverleiher, Advokaten, etc.) verlustig ging. Heute sind die Zünfte von eben jenen Pfeffersäcken dominiert, aber das ist eine relativ neue Entwicklung.

    Gejubelt wurde auch damals. Es wird also durchaus der Umzug bejubelt, nicht die Pfeffersäcke. Die werden in Zürich derzeit keineswegs bejubelt, sondern stehen unter starkem politischen Druck. Das zeigte sich auch bei den letzten Wahlen, wo die klassischen Vertreter der oberen 10'000, also SVP und vor allem FDP, Verluste eingefahren haben.

  • warp88@gmx.ch Re: Zünftiges
    Geschrieben von Andy am Freitag, 13. Mai 2011, 15:26

    Aber Hallo!!
    Ich bin zünftig!
    Ich bin nicht steinreich!
    Ich habe mich nicht eingekauft!
    Ich wurde nicht hineingeboren!

    So nun eine klitzekleine Replik, was es da mit den Kostümierten auf sich hat.
    Ich geife weit hinter 1291, dem Jahr wo die Schweiz gegründet wurde. Damals gab es bereits Zünfte, die Berufsgilden (tzünfte).
    Bäcker, Gerve, Schuhmacher, Zimmerleute, Fischerleute......um nur einige der histerisch......sorry historischen Zünfte zu nennen.
    Damals wahr es Tradition dass ein Berufsmann in einer Zunft mitwirkte. Eine Ehrensache! Was viele nicht wussten. Es gab da auch Frauen!!! Jawohl, Ladys. Das wahren Frauen, dessen Männer vorzeitig gestorben, und dessen Stelle die Frau jetzt innehatte. Natürlich hatte die Sache einen Haken. Sie wahr Mitglied, wurde vom Kollektiv auch mit Tipps und Taten unterstütz dass es in ihrem Betrieb weitergehen konnte, aber sie hatte dort kein Stimmrecht. Ebä scho widder eso en Seich. Aber das wahr vor über 700 Jahren. Da durften die auch keine Hosen und wir Herren keine Röcke und auch keine Kilts tragen. Der Kilt wurde später dem Angelsachsen-Manne angepasst.

    Schieben wir die Zeitscala vor.
    ca 1930, wurden die ersten Quartierzünfte, welche auch aus dem Handwerk heraus geboren wurden, gegründet. Aber ohne feste Berufsgilde. Zunft Niklausen ist zum Beispiel so eine.

    Gründungstext "Bereits ein Jahr vor der zweiten Eingemeindung vom 1. Januar 1934 wurde von zwei unterschiedlichen Gruppierungen aus den vier Glatttal-Gemeinden die Gründung einer Quartierzunft diskutiert und vorangetrieben. Es war eine turbulente Zeit der allgemeinen Verunsicherung und beunruhigender Umwälzungen; namentlich in unserem nördlichen Nachbarland. Vielleicht auch aus diesem Grund forcierten die Gründerväter die Zunftgründung, nach dem sich die beiden unterschiedlichen Gruppierungen zusammen gefunden hatten. Und so fand bereits am 28. Dezember 1933 der grosse Tag der offiziellen Zunftgründung statt.

    Kaum einen Monat später wählten die Gründungsmitglieder am 27. Januar 1934, dem ersten und ausserordentlichen Hauptbott, eine Vorsteherschaft und den ersten Zunftmeister. Anwesend waren auch zwei Vertreter der Zunft zur Schmiden als Göttizunft."

    Heute: Gibt es die historischen Zünfte (älter als 200Jahre) und die Quartierzünfte.
    Ich bin auch bei einer Quartierzunft die Ihre Gründung in den 70igern hatte.

    Wir haben bei uns mehr "Nomalos" mit kleinem Portemonnaie, als schwerreiche.
    Bei einer Zunft zu sein bedeutet nicht man tritt einfach dem Verein bei, sondern mann wird aufgenommen und gehört lebenslang einer grossen Freundschaft an. Es soll auch eine Entscheidung sein, die länger halten soll, ein Leben lang. Das ist der Grund warum man schon ein paar Fränkli ausgeben sollte. Auch ist das Aufnahmeverfahren auf gut 4 Jahre gegliedert. Aber es ist durchaus finanzierbar. Für gute Ferien gibt man ja auch Geld aus. die sind dann innert Wochen verflogen. Das Teure daran ist das Gewand, denn jedes ist eine Einzelanfertigung. Leider läuft unsere Zunft nicht im Kilt! :) Ich schwitze mir immer alles ab wenn es mal mehr als 15° sein sollte am Umzug.
    Pro Jahr kommt dann noch eine Jahresmitgliedschaft dazu, mit der auch das Sechseläuten und Martini finanziert wird.

    Die ganzen Geschichten um die Frauenzunft finde ich müssig. Wenn man historisch die Zeitgeschichten liest, weiss man das das eigentlich kein Thema sein sollte. Hätte sich diese Gesellschaft, einigermassen normal benommen und sich nicht auf die provokative Schiene gebracht, dann könnten die sicher mitlaufen. Aber mit Aggression erreicht man nix.

    So nun habe ich etwas viel gesachrieben. Man möge es mir verzeihen, aber ich möchte das mit den Vorurteilen und Unwahrheiten richtigstellen. Wir sind grösstenteils keine Bonzenfasnacht. Es lässt sich nicht vermeiden, dass halt immer wieder hochkarätiges People mitläuft.