Schulen und Copyright
|
Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Sonntag, 22. November 2009, 22:27
aus dem *lernen-fürs-leben* dept.
Ich nahm mir gerade Zeit um auf meiner heimischen Infrastruktur aus der priska eine nala zu machen. In einem Augenwinkel beobachtete ich Maja, wie sie auf dem Computer ein Deckblatt zu ihrem neuesten M&U Projekt zusammenklebte. Ein Browser auf Google's Bildersuche - bei mir klingelten gleich die Alarmglocken. Wenn ich meinen Kids etwas aus unserem Recht mitgeben möchte, dann der Umgang mit copyrightgeschütztem Material. Sie sollen wissen, welche Pflichten, aber auch welche Rechte ihnen zustehen. Letztendlich ist es beinahe so einfach wie das Warten bei rot und das Gehen bei grün.
Geistige Arbeit ist Arbeit. Ein Text zu schreiben, ein Bild zu machen, Musik zu spielen oder einen Film zu drehen bedeutet genauso einen Aufwand wie das Zimmern eines Stuhls oder das Grossziehen einer Kuh. Wieviele Autoren schreiben zwei, drei Jahre an einem Buch, ohne einen müden Rappen zu sehen? Und wie viele Fotografen reisen auf eigene Kosten, investieren Zeit und Mühe, ohne zu wissen, ob sie mit dem Bild je einen Franken verdienen wollen? Das Ergebnis, Stuhl, Buch, Bild, Milch, Musikstück oder Film stellen das Resultat langer Arbeit dar.
Klar entsteht dem Autor eines Buches erst einmal keinen Schaden, wenn sein Text einfach so vervielfältigt wird. Und auch der Fotograf hat kein Problem damit, wenn sein Bild plötzlich von den Plakatwänden herunterblinzelt. Dennoch sind sie darauf angewiesen, dass ihre Werke verkauft werden und sie irgendwann etwas dafür bekommen, sich den Arsch aufgerissen zu haben.
Unser Urheberrecht schützt sie davor, um ihren Lohn geprellt zu werden. Selbst ohne ausdrücklichen Hinweis ist jedes geistige Werk das Eigentum des Urhebers. Selbst bei einer Veröffentlichung bleibt es sein Kind und er darf darüber bestimmen, was damit passiert.
Ganz kurz: Egal, was ich an geistigem Eigentum in die Hände bekomme - so lange nichts anderes geschrieben ist, darf ich es nicht kopieren oder weiterverwenden.
Gleichzeitig trägt der Autor auch die Verantwortung dafür, was durch sein Werk passiert. Enthält sein Buch rassistische Stellen, zeigt sein Bild ein zehnjähriges Mädchen beim Masturbieren oder bringt sein Programmschnippel den Operator um, so wird der Autor zur Rechenschaft gezogen. Rechte sind immer mit Pflichten verbunden. Auch hier. Scheissleben :-)
Nun gibt es ein Recht auf Privatkopie. Ich darf mir für meinen persönlichen Gebrauch ein Buch, ein Foto, ein Musikstück oder ein Film kopieren. Auch wenn die Musik- und Filmindustrie ganz und gar nicht so sieht, so darf ich mit eine DVD kopieren, ein Musikstück herunterladen oder ein Bild abfotografieren und zuhause aufhängen. Ich darf dieses Werk sogar einem kleinen Kreis von mir nahestehenden Personen zeigen oder weitergeben. Die Grenze liegt hier bei typischerweise drei bis fünf Personen.
Und da liegt der Knackpunkt bei den Schulen. Lehrer nehmen sich seit Urzeiten das Recht, beliebige Texte und Bilder in ihren Klassen zu verteilen. Klassen, die typischerweise gut 20 Schüler haben. Sie scheren sich einen Deut darum, ob dies im Sinne des Autoren war und ob ihr Handeln gängigem Gesetz widerspricht. Ich sah erst vor kurzem ein Französischübungsblatt, auf dem sogar der Copyrighthinweis mitfotokopiert wurde... Wen wundert es, dass die Kids genau dieses Verhalten übernehmen und wild draufloskopieren?
Gleichzeitig kommt die Film- und Musikindustrie und verbreitet Angst und Schrecken vor Raubkopien. Wer Musik herunterlade, mache sich strafbar - so die Aussage der vielen Spots und Plakate. Die Schulen nehmen sich selbstverständlich nicht die Zeit dafür, ihre Schützlinge über die bestehenden Rechte aufzuklären. Urheberrecht ist schlicht kein Punkt auf dem Lehrplan. Eine Aenderung daran würde durchaus ein Problem bereiten, die Lehrer müssten plötzlich ihr persönliches Handeln rechtfertigen.
Nun gibt es von dieser Regel zwei Ausnahmen. Als Urheber eines Werkes kann ich dieses freigeben. Meist verbinde ich das mit einem Ablegen der Verantwortlichkeit über die Folgen eines Einsatzes meines Werkes. Solchermassen freigegebene Texte, Bilder, Musikstücke oder gar Filme darf ich kopieren und weitergeben. Allenfalls muss ich gewisse Grundsätze befolgen, meist den Autoren erwähnen, manchmal auch mein Werk genauso freigeben wie das darin eingebettete Stück von einem anderen Autoren.
Das andere sehen wir vor allem bei Computerprogrammen. Der Autor gibt mir nicht das Programm, er erlaubt mir nur es zu benutzen. Ich miete quasi sein Werk, ich kaufe keine Kopie davon. Damit hebelt er das gängige Urheberrecht aus. Ich darf exakt das tun, was der Autor mir erlaubt - selbst das Recht auf Privatkopie entfällt.
Gut, mein Text ist lange geworden. Länger als bei rot stehen, bei grün gehen - aber noch immer viel kürzer als eine typische theoretische Führerprüfung. Es sollte also gar nicht so schwierig sein, sich fair zu verhalten. Ich hoffe, dass sich zumindest meine beiden Kids diese Rechte und Pflichten verinnerlichen und auch einmal dafür kämpfen werden, wenn es um deren Aenderung gehen sollte - egal ob sie nun Autoren oder Konsumenten von urheberrechtlich geschütztem Material sein werden.
Permalink
|
Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer
immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie
verantwortlich.
|