Zug des Lebens
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Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Dienstag, 28. Juli 2009, 08:56
aus dem *sommerabend* dept.
Am letzten Samstag hatte ich einen grossen Gewissenskonflikt. Sollte ich den jährlichen Grilltreff der LUGS oder aber "unser" Kino am See in Mühlehorn besuchen? Ich entschied mich für den Film und erlebte einen faszinierenden Abend.
Der Nachmittag war gefüllt mit dem Einziehen von Kabeln. Ein schnelles Znacht, Meerschweinchen versorgen und ab nach Mühlehorn. Im Strandbad erwartete mich ein Kino, das den Gegebenheiten entsprechend klein aber fein war:
Zusammen mit gut 50 Leuten suchte ich mir einen schönen Platz, genoss den Sonnenuntergang im herrlichen Bergpanorama direkt am See und einen frischen Kaffee. Der Morgen war regnerisch und entsprechend kühl der Abend.
Der Zug des Lebens ist eine wunderbare Aufarbeitung der Judenverfolgung im zweiten Weltkrieg. Unvorbereitet machte der Film lange Zeit einen etwas sonderbaren Eindruck auf mich. Für einmal wird nicht beschrieben, was passiert ist - viel mehr finden die Träume Platz, was hätte sein können. Erst in den letzten zwei Minuten wird die Brücke zu den realen Ereignissen geschlagen.
Der Dorftrottel einer kleinen jüdischen Gemeinde tief im Osten erzählt die Geschichte seines Dorfes. Alle halten ihn für verrückt, als er die eigene Deportation vorschlagt, um den Deutschen zuvorzukommen. Sie besorgen sich einen Zug und machen sich auf die Reise. Mit viel Witz beschreibt der Film die Erlebnisse der Menschen, wie sie zwischen Hoffnung und dem drohenden Abgrund hin und her pendeln. Jeder sucht seinem eigenen Weg, mit der Situation klarzukommen. Gegen Ende des Filmes treffen sie auf eine Gruppe Zigeuner, die mit derselben Idee unterwegs sind. Sie reisen gemeinsam weiter, errichten Brücken zwischen den beiden Kulturen und ihren Menschen.
Grosses Eindruck hinterlässt die starke Verbundenheit, die die Juden durch ihre strenge Religion zusammenhält. Keiner wird alleinegelassen. Sprachlich ist der Film eine Herausforderung, die Darsteller sprechen mit Ausnahme der "Deutschen" Jiddisch. Genauso faszinierend der Witz, mit dem die Geschichte erzählt wird. Tiefsinniger, manchmal sarkastischer Humor begleitet den Zuschauer über die anderthalb Stunden. Ich fühlte mich oftmals an die Bücher von Kishon erinnert, welche klein Beat im Büchergestell seiner Mutter gefunden hat.
Nach viel Lachen und einem Schuss Nachdenklichkeit nahm ich gegen Mitternacht den Weg nach Obstalden unter die Füsse. Durch eine sternenklare Nacht, für einmal nicht alleine, aber durchaus still und in Gedanken.
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