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 Farm der Tiere 
Labberfaselbla Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Donnerstag, 13. November 2008, 09:04
aus dem Schulzeit-aufarbeiten dept.

Wer kennt es nicht. Das Buch Farm der Tiere von George Orwell. Vermutlich hat das so ziemlich jeder in der Schule lesen müssen. Ich auch. Damals. Verstanden hatte ich es damals nicht. Absolut nicht. Einzig geblieben ist mir der Buchtitel und dass Schweine darin vorkommen. Nun habe ich es in meinem hohen, weisen Alter nochmals gelesen. Mit erstaunlichem Erfolg.

Vielleicht liegt es daran, dass ich heute politisch und allgemeingebildet mehr weiss als damals zur Oberstufenzeit. Annodomini interessierte mich weder Politik noch solche eher schwer geschriebene Bücher. Lesen mussten wir es damals. Verstehen hätten wir aus auch müssen - hatte ich aber nicht.

Schon kurz nach Lesebeginn begriff ich, dass mit den Tieren eigentlich Menschen gemeint waren. Und dass es um politische Konstrukte geht. Meinte Orwell eher Kommunisten oder eher Sozialisten oder gar Kapitalisten? Wiedererkennen kann man eigentlich allesamt in der Geschichte.

Während Old Major vermutlich tatsächlich noch das Wohl von allen Tieren im Sinne hatte. Dass alle Tiere frei sein sollten und nicht in Gefangenschaft leben, war es - wie bei uns Menschen - so, dass sich das baldmal änderte. Die Nachfolger - Napoleon und Schneeball - gerieten sich in die Haare, Schneeball wurde vertrieben, Napoleon alleiniger Herrscher. Erst tat er so, als ob ihn die Tiere wirklich interessierten, aber je länger das Buch desto klarer wurde, dass er sich einzig und alleine für sich und vielleicht noch seine Rasse interessierte. Dass die anderen Tiere minder waren und da diese glücklicherweise nie lesen lernten, weil sie zuwenig intelligent waren, konnten die Schweine ihnen auch alles erzählen. Wirklich realisiert haben die wenigsten Tiere, dass sie wiederum nur Sklaven waren. Zwar nicht von Menschen, sondern einfach von Schweinen.

Beim Lesen kamen mir auch immer wieder Gedanken zu unserer heutigen Zeit. Wer ist Schwein? Und wer Huhn? Wer ist Napoleon und wer Quiekschnauz? Gab es vor einiger Zeit mal ein Old Major als Mensch? Gibt es wieder einen? Und was ist wirklich am Besten für die Tiere, die eben nicht genug Intelligenz aufwiesen um das Richtige für sich zu kennen? Auf die Menschen übertragen - was müsste man verbessern?

Für mich zeigt das Buch klar, dass es immer welche gibt, die nicht für sich selber denken können, bzw. die "Sklaven" bleiben werden. Aber als intelligenteres Wesen könnten die Schweine eben auch mal für die "Sklaven" denken und arbeiten. Aber das werden sie nie tun. Von daher müssen sich die "Sklaven" einfach die Schweine selber aussuchen, die sie als ihre Vorgesetzten wollen. Welches Schwein schaut noch am meisten auf seine Sklaven und lässt sie nicht nur schuften? Aber auch als dummes Tier sollte man doch versuchen sich zu bilden und zu schauen, was braucht man wirklich? Was hilft einem? Wo ist man frei?

Und wenn alles nichts hilft - als dummes Tier hat man den Vorteil, dass man gar nicht wirklich merkt, dass man ausgenutzt wird. Man vergisst, wie es vorher war und denkt sich, dass es einem jetzt besser geht. Obwohl dies meist gar nicht der Fall war. Wenn Ihr also das nächste Mal wählen geht. Denkt an die Schweine :-) Und für die, die es interessiert - ich hab die Tiere mit folgenden Menschen in Verbindung gebracht: Napoleon - Blocher, Quiekschnautz - Brunner und Maurer. Und nach wie vor überlege ich mir, ob Obama eher ein Old Major ist/wird oder ob er schlicht und einfach ein Napoleon ist. Warum ich für die Figuren keine SP, CVP, und FDP- Leute fand liegt ganz einfach daran, dass diese so unscheinbar sind, dass ich keinen wirklich kenne und einordnen könnte. Eine Schande für diese Parteien. Denn nicht kennen heisst, dass man auch nicht viel von ihnen hört, das einem bleibt.

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  • christof@buergi.lugs.ch Re: Farm der Tiere
    Geschrieben von P2501 (Link) am Donnerstag, 13. November 2008, 16:40

    Orwell war ein erklärter Gegner des Stalinismus. Somit lässt sich leicht erahnen, wer hier gemeint ist. Old Major ist Marx und/oder Lenin, Schneeball ist Trotzki, Napoleon ist Stalin und Quieckschnautz ist Molotov.

    Das soll aber nicht heissen, dass die Geschichte nur auf den Stalinismus passt. Tatsächlich lässt sich genau die beschriebene Dynamik so oder ähnlich bei fast allen Revolutionen beobachten. Und damit wird auch klar, warum bei den meisten Revolutionen letztlich nur der Machthaber wechselte.

    • Re: Farm der Tiere
      Geschrieben von Bloggerin am Freitag, 14. November 2008, 06:31

      Um dieses Buch komplett zu verstehen, vermag es -meiner Meinung nach- mehr als das Denken eines Oberstufenschülers. Man sollte mit der russischen Geschichte schon etwas vertraut sein, damit diese Parabel nicht wie ein einfaches Kindermärchen erscheint.

      Die Schwierigkeiten Orwells, für dieses Buch einen Verleger zu finden, passen ja auch ganz gut zur ganzen Story. Ein Verleger, der das Werk anfangs zu akzeptieren schien, wies die Publikation auf ausdrückliches Anraten des damaligen britischen Informationsministeriums zurück.

      In den Ostblock-Ländern stand dieses Werk von Orwell wie auch der Roman "1984" noch bis 1990 auf der Liste der verbotenen Bücher!

      Das Originalmanuskript Orwells enthielt übrigens ein Vorwort ("The Freedom of the Press"), in welchem der Autor die britische Selbstzensur, die Unterdrückung kritischer Äusserungen gegen Russland und schliesslich die Unterdrückung des Buches durch die britische Regierung kritisierte. Dieses Vorwort fiel ja dann genau dieser Zensur zum Opfer und war deshalb in der im August 1945 veröffentlichten Erstausgabe und auch in den meisten der folgenden Ausgaben nicht enthalten.

      Auch nachdem Ian Angus das Vorwort 1972 in Orwells persönlichen Unterlagen entdeckt hatte, verweigerten die Verleger noch dessen Publikation. Mittlerweile gibt es einige Ausnahmen, bei denen dieses "Vorwort" jedoch im Anhang gedruckt wurde.