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 Hast du mal Zeit für einen Streit? 
Nala Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Dienstag, 9. September 2008, 15:13
aus dem Vortrag-hör dept.

Mit diesem Satz wurde ich von meiner Bank zu einem Anlass eingeladen. In einem Referat wollte uns Allan Guggenbühl erzählen, wie Männer und Frauen fair(er) miteinander streiten können.

Ein so spannendes Thema, dass ich gemeinsam mit Marius den Anlass besuchte.

Anscheinend waren wir nicht die Einzigen, die ins SGU in die linth arena pilgerten. Die Turnhalle war gut gefüllt, als uns Herr Bruhin von der Glarner Kantontalbank begrüsste und mit wenigen Worten Herr Guggenbühl vorstellte und auch bereits ihm das Wort übergab.

Ein interessanter Vortrag folgte, auch und vorallem im Bereich, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind. Physiologisch, aber auch psychologisch. Und entgegen arabischen Ländern, aber auch Indien und zum Teil Japan, versuchen wir im Westen die Frauen- und Männerwelt nicht mehr so stark zu trennen. In diesen Ländern ist es üblich, dass fast die gesamte Zeit, die Menschen getrennt sind. Männer verbringen ihre Freizeit, Arbeit usw. mit Männern. Frauen mit Frauen. Nur vielleicht mal abends im Bett trifft man sich. Ansonsten sind die meisten Bereiche getrennt. Das hat Vor- aber auch Nachteile. Genauso wie auch unsere Variante eine Herausforderung ist. Männer sollen Hausarbeit machen dürfen, Frauen Karriere. Das ist eine Herausforderung für alle.

Im weiteren gings um die Sicht der Männer über die Frauen und umgekehrt. Natürlich ist das nicht auf alle anwendbar, aber so tendenziell dürfte es durchaus stimmen. Und dann gings zu den verschiedenen Streitarten. Ich hab mir die aufgeschrieben:
  • Wer sich kennt, wird sich fremd
    Das scheint auf den ersten Blick falsch. Aber je näher jemand einem ist, desto eher verschliesst man den Blick auf das was wirklich ist und damit ist er fremd.
  • Vom harmlosen Uebergriff zur Beissattacke
  • Befindlichkeitsterror
    Ein Punkt, den Marius und ich in unserer Streitkultur durchaus (er)kennen. Durch das erkennen aber auch hin und wieder fähig sind, den Punkt zu unterlassen, oder anzusprechen. "mir gads grad schlächt und Du bisch tschuld"
  • heimliche Machtkämpfe
  • offene Streitigkeit / Einbezug der Umgebung
    "Weisch, was Du da machsch isch nöd guet. Das seit im Fall au mis Mami!" "Scho, aber frag mal de Gärtner, dä seid au...." Und schon haben wir die Umgebung in unseren Streit einbezogen, obwohl das nicht gut ist.
  • Gegenseitiges Mobbing
  • Streitformen und -orte
    Immer nachts um 12 wenn er schlafen will, fängt sie an "weisst Du, ich bin da nicht ganz einverstanden, lass uns diskutieren". Er: "aber ich will doch jetzt schlafen." Sie: "Nein, das ist jetzt wichtig, dass wir das ausdiskutieren." So halt.
  • Opferfalle
    Man sieht sich nur noch als Opfer. In einem Partnerstreit ist aber selten nur einer der Täter und der andere das Opfer. Das ist wesentlich verwobener.
Nach dieser aufschlussreichen Aufzeigung von Streitarten gabs die Massnahmen. Auch diese notierte ich mir:
  • Keine Nacherziehung
    Der Partner ist so wie er ist. Es bringt nichts zu versuchen ihn ändern zu wollen.
  • Gemeinschaftsrituale
    Die sind wichtig und ich merke auch, wie diese Rituale zwischen Marius und mir in schweren Zeiten helfen.
  • Tote Punkte respektieren
  • Missverständnisse stehen lassen
    Manchmal muss man einfach etwas so stehen lassen und es nicht "zu Tode diskutieren".
  • Distanz und Nähe pflegen
    Wer immer eng beeinander ist, kriegt keine Luft mehr.
  • Jedem eigenen Raum zugestehen
  • Partner als Fremder verstehen
    Er ist er und ich bin ich. Das wird immer so bleiben und daher wird der Partner immer auch fremder sein.
  • Alte Geschichte vergessen: Kraft des Verzeihens
    Darunter gehört auch, dass man eben nicht auf alten Geschichten rumreiten soll. Er erzählte uns von einem Paar, das in der Therapie wegen irgendwas stritt, das 20 Jahre zurücklag.
  • Liebe heisst, die Verrücktheit des Anderen respektieren
  • Kontaktabbruch vermeiden
    Für mich einer der wichtigsten Punkte. Dazu gehört für mich auch, das "gemeinsam ins Bett gehen" und nicht, der eine im einen Zimmer, der andere stinkesauer im anderen.
  • Notwendigkeit dritter Ebene
    Da waren z.B. auch Religionszugehörigkeiten gemeint. Oder eine gemeinsame Sportart.
Im Anschluss an den Vortrag gab es eine kurze Fragerunde, aber die meisten waren wohl einfach mit zuvielen neuen Informationen erschlagen, als dass sie dazu was fragen wollten. Herr Guggenbühl musste dann auch gleich wieder los, wir Zuhörer wurden aber noch von der Bank zu einem Apero eingeladen, an dem wir uns gerne an die verschiedenen Bankberater wenden konnten (ah daher der Anlass ;-).

Mir persönlich hat Herr Guggenbühl nicht sehr viel Neues erzählt. Das Meiste hatte ich in den letzten Monaten schon entweder in Bücher gelesen, oder von Therapeuten erzählt bekommen. Es war daher eher festigend als Neuland. Aber dennoch interessant. Nur meine Frage "wie streitet man richtig?" kann ich mir damit immernoch nicht beantworten. Aber vermutlich ist das so individuell, dass man dazu eh keine allgemeine Aussage machen kann.

Ganz falsch scheinen unsere Streitereien zwischen Beat und mir, aber auch zwischen Marius und mir nicht zu sein. Streiten heisst übrigens auch sich nicht fremd zu sein, sondern sich intensiv miteinander beschäftigen. Mitunter gar das eigene Selbstbild mal zertrümmert bekommen - denn das ist eh nur Propagandamaterial und entspricht nicht wirklich der Realität.

Ein herzliches Dankeschön an meine Bank, dass ich die Möglichkeit hatte, einen solchen Vortrag zu besuchen. Wie auch die uneigenennützige Glarnerland macht schön, ist dieser Vortrag ja nicht gerade im Bereich des Bankgeschäftes anzusiedeln.

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