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 Privatsphäre 
Labberfaselbla Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Montag, 7. April 2008, 16:32
aus dem mein-dein-unser dept.

Jahrelang war ich jetzt die wandelnde Sekretärin von Beat. Gute Bekannte und Freunde wussten, dass wenn sie Beat eine Mail senden, die auch bei mir landet und von mir gelesen (und eventuell beantwortet) wird. Für Privatsphären-Junkies immer eine unvorstellbare Tatsache.

Vor einigen Wochen nun kam Beat mit der Bitte zu mir, seine Inbox wieder für sich selber zu haben um so etwas mehr Privatsphäre zu bekommen - und etwas Luft, wenn eine ungewohnte Mail eintrudeln sollte, die ich natürlich vor ihm lese und ihn dann damit konfrontiere. Erst war ich geschockt. Etwas das jahrelang funktioniert hat einfach aufgeben? Misstrauen. Angst. Aber auch das Verständnis für den Wunsch. Privatsphäre.

Privatsphäre ist für mich eigentlich ein wichtiger Punkt. Auch in der Erziehung. Es ist für mich selbstverständlich, dass ich Briefe, die an meine Kinder adressiert sind nicht öffne oder lese. Auch wenn ich erkenne, dass es nur einen Bankauszug ist, den sie mir sowieso noch zur Aufbewahrung übergeben. Wobei auch das sicher mal noch ändert. Es ist für mich selbstverständlich, dass das Chaos auf dem Pult von Marius liegengelassen wird. All die Papiere die da liegen, niemanden was angehen und nicht gelesen werden dürfen. Auch wenn ich am Briefkopf erkenne, dass es eine Bankauszug ist. Genauso erwarte ich, dass niemand einfach ein Tagebuch lesen würde, auch wenn es offen rumliegt. Oder meine Ordner mit Rechnungen, Briefen oder wichtigen Dokumenten einfach nimmt und anschaut.

Ich habe diese Privatsphäre einmal durchbrochen und etwas gelesen, was mich nichts angegangen wäre. Es wurde mir in dem Moment klar, als ich es las, dass ich soeben die Privatsphäre verletzt hatte. Es war mir mehr als peinlich. Es war mir übel, so schlecht fühlte ich mich. Die erste Ueberlegung einfach nichts dergleichen tun verwarf ich aber fast so schnell wie sie kam und beichtete meine Tat. Es war ein schwerer Moment für beide. Denn die Privatsphäre ist wichtig und diese zu überschreiten war falsch und wird immer falsch bleiben. Dennoch wurde mir verziehen (danke!). Und seither ist auch nie mehr etwas in diese Richtung passiert.

Und nun ist es also seit 10 Tagen so, dass ich auch kein Zugriff mehr auf die Inbox von Beat hab (doch hab ich. Ich bin root, ich darf alles. Aber das ginge wieder unter obige Privatsphäre verletzten.). Ein ungewohntes Gefühl, das sich aber auch richtig anfühlt. Das spüren, dass man nun eben nicht mehr Mails liest, die einem aufwühlen. Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss. Und doch das Wissen, dass Beat mir sicher notwendige Mails weiterleiten wird (und ich doch wieder aufgewühlt sein werde :-) ).

Wir hatten den Tag der Wegnahme gefeiert. Mit Rimuss und Erdbeeren. Haben daraus eine kleine Feier veranstaltet, letztes Mal Inbox anschauen. Abstellen. Folder von Beat weglöschen. Alles als etwas spezielles und besonderes angeschaut. Das half mir über den Schrecken hinwegzukommen und eine positive Erinnerung zu behalten. Auch wenn meine Finger nach wie vor automatisch von meiner Inbox runter zu der Stelle klicken, wo früher Beats Inbox war. Macht der Gewohnheit.

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Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • usul69@gmx.li Re: Privatsphäre
    Geschrieben von Usul am Montag, 7. April 2008, 23:32

    Was war eigentlich der Grund, dass es überhaupt zu dieser etwas ungewöhnlichen Organisation kam? Wenn man fragen darf ...

    • priska@0x1b.ch Re: Privatsphäre
      Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Dienstag, 8. April 2008, 11:14

      hmm...das steht doch in der ersten Zeile: wandelnde Sekretärin - wenn ich selber sehe, was für Anfragen, Bitten, etc kommen, kann ich die direkt beantworten (und Beat einfach ein cc senden) und er muss sie nicht erst mir senden.