Ehe auf Zeit
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Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am
Donnerstag, 20. September 2007, 12:53
aus dem ich-will-vorübergehend dept.
Wiedermal riesen Geschrei um eine durchaus interessante Idee einer Politikerin. Gabriele Pauli möchte die Ehe auf Zeit einführen. Aber fangen wir vorne an...
Da ist diese Frau Pauli - nein ich kenne mich in deutscher Politik nicht aus. Weiss nicht genau, was sie vertritt, welche Partei ihre ist, und was diese Partei genau macht. Aber sie hat ein eigenes Programm (pdf!) zusammengestellt. Darin ist auf Seite 9 zu lesen:
Viele Ehen werden in unserem Staat nur zum Schein geführt. Jede zweite Ehe wird geschieden, die
Tendenz ist steigend. Viel mehr Ehen sind jedoch in Wirklichkeit keine liebevollen Beziehungen mehr,
sondern werden nur nach außen aufrecht erhalten. Die Frage der finanziellen Abhängigkeit der
Partner, Steuervorteile oder auch Angst vor einer Trennung sind keine schützenswerten Grundlagen.
Ueberlegenswert wäre, die Ehe auf Zeit einzuführen (z.B. für 7 Jahre), die dann aktiv erneuert und
jeweils für einen bestimmten Zeitraum verlängert werden kann. Fragen des Unterhalts müssen somit
gleich zu Beginn einer Ehe geregelt werden.
Und schon springen die Menschen im Viereck. Schreien was von Schnapsidee, bescheuert, Ehe ist für immer und ewig usw usf. Natürlich auch wesentlich bösere Kommentare. Man hört Ehe für 7 Jahre und schon unterstellt man alles mögliche und unmögliche. Ganz ausgeblendet wird, dass Frau Paul überlegenswert schreibt. Also nicht die Ehe für 7 Jahre muss eingeführt werden, sondern dass so ein Modell überlegt werden sollte. Weiter unten stand dann auch noch, dass die kirchliche, lebenslange Trauung nicht davon berührt wird.
Im 20 Minuten sind aber viele Kommentare darauf ausgelegt, dass das eben auch kirchlich gelten würde. Und ach die armen Kinder. Irgendwie wollen diese Menschen nicht begreifen, dass der Sinn dieser Ehe für 7 Jahre nicht der ist, dass man nach 7 Jahren eben wieder getrennt ist, sondern dass man dann erneut ja zueinander sagen soll. In einer Zeit wo über 50% der Ehen geschieden werden, eine durchaus überlegenswerte Aenderung. Und wer Kinder hat, macht ja vielleicht zwei-, dreimal diese 7 Jahre mit. Und glücklicher sind die Kinder kaum, wenn die Eltern zusammenbleiben, aber todunglücklich sind. Und heute mit den Kampfscheidungen geht es den Kindern auch nicht besser. Da wär die absehbare Trennung ja sinnvoller, da zum vornherein ausgemacht sein müsste, wie der Unterhalt und das Besuchsrecht geregelt wäre.
Im Gegensatz zu den meisten Kommentaren die in Zeitungen geschrieben werden, aber auch zu den Artikeln selber denke ich durchaus, dass sowas vielleicht gar nicht so schlecht wäre. Beat und ich wären demzufolge bereits ein zweites Mal verheiratet :-) Und hätten wiederum die Option auf ein drittes Mal. Viele würden sich vielleicht dann auch eher um den Partner bemühen, weil man eben nicht "auf sicher" zusammen ist, sondern nach 7 Jahren ohne grossen Aufwand sich trennen könnte.
Problematisch seh ich eigentlich nur, dass viele Ehen eben nicht im 7ten Jahr geschieden werden, sondern bereits schon vorher. Vielleicht sollte man die Ehe auf ein 2-Jahres-Rythmus festlegen? :-) Und wenn wir schon am Ehegesetz am rumschrauben sind und die Ehe auf Zeit einführen. Wie wärs mit Mehrfachehe, wenn das von allen Beteiligten gewünscht ist? Weshalb sollte man nicht zwei Partner ehelichen können? Mal davon abgesehen, dass man das vielleicht gar nicht will. Ich würde mich da durchaus dafür interessieren können.
Vermutlich wird es aber leider darauf hinauslaufen, dass das nur ein Idee von Frau Pauli war und in der Gesellschaft aufruhr machte, aber nichts geschieht. Denn letztendlich wird erst in den Köpfen der Menschen etwas ändern müssen, bevor sowas praktiziert werden kann. Solange aber Aussagen wie "Die ist Ehe ist zu heilig. Völliger Schwachsinn ist das.... eine Ehe ist kein Vertrag sondern ein Bündnis. Der kann nicht wieder gelöst werden. Frechheit sowas! Absolut stumpfsinnig!!!" üblich sind, wird das noch lange dauern.
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von Bloggerin am
Donnerstag, 20. September 2007, 15:13
Hmm für dich wäre eine Mehrfachehe durchaus interessant?
Du wärst also mit Beat und Marius verheiratet. Beat wäre mit Priska und Janine verheiratet ( nur so ein Beispiel). Marius wäre mit Priska und Petra verheiratet.
Nee, überhaupt nicht kompliziert:)
Ausser wenn diese Mehrfachehe nur für dich erlaubt wäre.
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am
Donnerstag, 20. September 2007, 15:33
Ich hab nicht geschrieben, dass es nicht kompliziert würde ;-)
Aber ja, es müsste natürlich für alle gelten und nicht nur jemand darf mehr als einen Partner ehelichen. Ev. wär ein Ansatz, dass alle mit allen verheiratet sind. Also Priska und Beat und Marius sind verheiratet. Oder Priska, Beat, Marius und Petra sind zusammen verheiratet. Meist will man in solchen Konstellationen wohl eh nicht (mehr) heiraten *g*. Und zusammenleben kann man ja durchaus wild gewuerfelt.
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von anke am
Freitag, 21. September 2007, 09:16
die ehe wäre dann ein abo *gg*.
ich weiss nicht, was ich davon halten soll.
ich finde, man sollte die scheidungs- und unterhaltsregelungen vereinfachen, dann würde es auch nicht so viele ehen geben, die keine mehr sind. wenn ich mir mit meinem partner einig bin, nicht mehr verheiratet sein zu wollen, dauert es immer noch viel zu lange ist zu kompliziert, bis man tatsächlich geschieden ist. DAS ist lästig.
einen zeitl. rahmen vorgeben, finde ich doof. wenn ich nun nach 2 jahren keine lust mehr habe, muss ich dann die restlichen 5 noch absitzen ;o)?
der gedanke, regelmäßig bewusst JA zu dem anderen zu sagen, ist nicht neu. ist ein sehr alter heidnischer brauch. das gibts also schon.
lg anke, mit dem mann noch in der 1. abophase *gg*
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von Lebefrau am
Freitag, 21. September 2007, 13:50
Hm...also ich finde auch die Frau Pauli hat einen "Knall" :-)
Wenn man mal sie mal WÄHREND dieser Aussage beobachtet hat,dann sieht man dass sie dabei SELBST LACHT >sich also gar nicht ernst nimmt.
Ausserdem glaube ich, dass es sich schwierig gestalten würde in SAchen Sorgerecht und Unterhalt, von REntenzeiten ganz zu schweigen.
Der für mich einzige derzeitige Vorteil wäre, dass es jede Menge Arbeit machen würde > Arbeitsplätze.
So long
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Samstag, 22. September 2007, 11:55
Die Idee ist durchaus interessant, auch wenn der Einfluss auf unsere Kultur vermutlich grösser wäre als alles andere in den letzten paar hundert Jahren.
Eine Heirat macht aus zwei Menschen faktisch eine einzelne, juristische Person. Viele Dinge sind erst möglich, wenn man verheiratet ist, das Budget sieht oft auch ganz anders aus und erlaubt grössere Dinge anzuschaffen.
Was, wenn sich die beiden Menschen nicht mehr vertragen? Auch wenn es für ein harmonisches Paar unverständlich klingen mag - jeder Mensch entwickelt sich weiter und plötzlich kann die Situation da sein, dass es einfach nicht mehr miteinander geht.
Ich weiss beispielsweise, dass unser Haus nur so lange von uns bewohnt werden kann, wie wir verheiratet sind oder einer von uns beiden in's Gras beisst. Oder mein Job nur so lange geht, wie ich zuhause jemanden habe, der meinen Papierkrieg erledigt und sich um die Kids kümmert. Ein Ausstieg meinerseits oder von Priska liegt faktisch nicht drinn.
Diese von unserer Kultur vorgegebene Lebensweise finde ich heute oftmals als Belastung. Ich muss das "ich" zugunsten des "wir" zurückstellen, egal ob ich mich darin wohlfühle oder nicht. Auch wenn es heute durchaus üblich ist, Beziehungen zu trennen, sehe ich darin keine Option ohne all die Menschen um mich herum unglücklich zu machen und ihnen die Grundlage zum Leben zu entziehen.
Von daher sehe ich die Heirat je länger je mehr als Instrument zum Beherrschen von Menschen. Einen Weg, den Willen grösserer Gruppen zu brechen, in dem man die Zweierbeziehung auf ewig als das einzig Wahre hinstellt. Und ich erkenne, dass die Wurzeln dieser Ideen in denselben Kulturen liegen, die auch sehr erfolgreich Armeen aufgebaut haben - mit einer Art Gehirnwäsche der Rekruten, die auch heute noch einigen erfolgreichen Armeen eigen ist.
Egal ob "mittelalterliche Kirche" (als ob es das nicht auch noch heute geben würde) oder der Präfekt / Landvogt / Kaiser - alle hatten Vorteile darin, wenn sich ihre Schäfchen oder Untertanen verheiratet haben. Sie wurden damit bedeuten einfacher zu manipulieren, zu zweit hatten sie keine Chance den Herrscher aus dem Thron zu heben. Zwei sind gerade genug, ein kleines Landgut zu bewirtschaften oder eine Werkstatt zu betreiben, aber sie werden nie eine Revolution anzetteln können. Wie praktisch!
Die französische Revolution und Napoleons Restrukturierung Europas hat viel vom mittelalterlichen Mief aus den Strassen getrieben. Und doch halten wir erstaunlich stark eben an solchen Institutionen wie der Ehe, im Prinzip der Beziehung zu zweit für ewig, fest und stilisieren sie zum Ideal empor. Wir kasterieren unsere eigenen Möglichkeiten, lassen andere Menschen über unser Leben bestimmen. Kommt eine Politikerin daher und rüttelt an diesen Ideen, so entsteht ein Proteststurm. Vielleicht sind wir eben doch nicht in der Lage, unser Leben in die Hand zu nehmen?
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von Klaus am
Samstag, 22. September 2007, 14:13
Interessante Gedanken, Beat.
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von Bloggerin am
Samstag, 22. September 2007, 16:00
Na Beat das sehe ich etwas anders.
Denn ein Haus zu bauen war eine Entscheidung von euch. Wir haben kein "eigenes" Haus- nur eine Mietwohnung...und da drin kann ich auch wohnen, wenn ich keinen Mann (mehr) hätte.
So viele Menschen haben keinerlei Mühe damit, sich für ein Tattoo zu entscheiden. Da spricht niemand von Untertanmachen oder Macht, obwohl das nicht so einfach rückgängig zu machen ist.
Auch die (endgültige) Entscheidung, keine Kinder mehr zeugen zu wollen (Sterilisation) treffen ja viele- ... aber die Wahl des Partners sollte meiner Meinung nach noch viel besser überlegt sein als diese Sachen.
Ja, man entwickelt sich weiter. Man kann sich auch zusammen weiterentwickeln. Nicht immer in demselben Tempo. Und auch nicht immer in die gleiche Richtung..aber genau das macht doch eine Beziehung aus.
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von Stadtneurotiker (Link) am
Sonntag, 23. September 2007, 02:30
Ich bin kein CSU-Wähler (also der Partei, der Frau Pauli immer noch angehört, und für deren Vorsitz sie kandidiert), aber was sie da verkündet hat, würde wohl eher in eine SPD oder FDP passen, aber nicht eben in die CSU.
Für mich wirkt das so, als wolle jemand vor dem Showdown nächsten Samstag einfach nochmal ordentlich Presse haben. Das ist ihr ja gelungen.
Zu dumm ist nur, daß sehr schnell aufgeflogen ist, daß diese Idee gar nicht von ihr stammt, sondern daß sie die beim fränkischen Kabarettisten Frank-Markus Barwasser (besser bekannt als Erwin Pelzig) abgekupfert hat (Sounddatei).
Pelzig wiederum erhebt auch keinen Urheberrechtsanspruch darauf. In einem leider nicht mehr zugänglichen SZ-Interview sagt er, daß einen ähnlichen Vorschlag vor Jahren schon Woody Allen gemacht habe.
Zur Idee selber:
Eine richtige Meinung habe ich dazu nicht. Innerhalb dieser Institution gibt es Möglichkeiten, Abmachungen zu treffen, die dem ursprünglichen Sinn widersprechen mögen.
Heutzutage ist es ja auch nicht so, daß es nur Zwangsehen gibt. Frauen und Männer treffen also sehr bewusste Entscheidungen (oder haben zumindest die Möglichkeit).
Ich schüttele nur immer wieder den Kopf, wenn sich junge Paare nach der Hochzeit in das Wagnis eigenes Haus stürzen und hoffe für alle, daß es gutgehen möge.
Es gibt (zumindest in Deutschland, wie es in der Schweiz aussieht, weiß ich nicht), kein Schuldprinzip mehr, Eheverträge gibt es auch, und ein bisschen Romantik wie "Bis daß der Tod Euch scheidet" gehört für mich zu einer Hochzeit auch dazu...
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Re: Ehe auf Zeit
Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Sonntag, 23. September 2007, 16:56
Sven K's Ivy hat natürlich auch einen Kommentar dazu geben müssen :-)
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