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 Körperkontakt 
Beat Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Sonntag, 26. August 2007, 18:09
aus dem *patsch* dept.

Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie sich "Deutsche" und "Schweizer" voneinander unterscheiden. Auch wenn wir beide eine ähnliche Kultur haben, uns teilweise sprachlich verstehen, finden sich ein paar gewaltige Unterschiede. Einen ganz grossen ist Körperkontakt unter Menschen, die sich nicht sonderlich nahe stehen.

Solange zwei Verliebte miteinander umgehen, ist sowieso alles erlaubt. Und das ist auch gut so *zu-priska-zwinker*

Begrüssen sich zwei Bekannte, so gibt es bei uns drei Küsschen, Wange an Wange, abwechselnd links, rechts, links. Das aber auch nur, wenn eine Sie auf einen Er oder zwei Sies aufeinander treffen. Variiert wird vielleicht noch, ob sich beide die Hand geben oder an der Schulter fassen. Zwei Ers geben sich grundsätzlich nur die Hand.

In Deutschland ist es üblich, sich in die Arme zu nehmen. Was unsererseits bestenfalls in einer Familie oder unter Liebenden üblich ist, ist da ganz normal.

Nicht dass ich das grundsätzlich falsch finde - ganz und gar nicht. Aber ich falle immer wieder auf, mich in Deutschland "komisch" zu benehmen :-)

Wenn ich Priska höre, so ist es in Deutschland durchaus üblich, dass Kinder miteinander schätzelen. Sich knuddeln, umarmen, Küsschen verteilen. Schon im Kindergarten. Bei uns? Vielleicht gehen zwei enge Freundinnen einmal Hand in Hand - aber alles andere ist *iiiih*, *pfui*, *gruusig*.

Gestern las ich einen interessanten Artikel von Ben, einem Münchner Rockträger, über seine tägliche Arbeit mit behinderten Jugendlichen. Wildfremde Leute, die einfach auf diese zugehen, sie streicheln. Ich erinnere mich dumpf daran, dass das bei uns noch von alten Menschen gemacht wurde - aber das ist schon lange her. Guguseli, guguseli, ja Du, Du! war ein Song von Peach Weber, einem Cabaretisten (Passt das?). Wenn ich mich heute bei uns umschaue, hat er nicht mehr viel Bedeutung - die Angst vor dem Fremden, Ungewohnten überwiegt. Und wie wir bei Ben sehen, muss das nicht nur schlecht sein.

Ich habe in den vergangenen Jahren gelernt, auch bei uns einen Menschen einfach so in den Arm zu nehmen. Es braucht erst einmal etwas Ueberwindung, kommt dann aber sehr direkt und gut an. Einen wunderbaren Weg, jemandem ich mag Dich zu sagen. Aber das Drumherum muss stimmen, eine gewisse Nähe muss da sein. Jemand Wildfremder braucht eine gewisse Distanz, die sich einzuhalten genauso lohnt.

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  • blog@thildkroete.de Re: Körperkontakt
    Geschrieben von Thilde (Link) am Sonntag, 26. August 2007, 22:28

    > In Deutschland ist es üblich, sich in die Arme zu
    > nehmen. Was unsererseits bestenfalls in einer
    > Familie oder unter Liebenden üblich ist, ist da
    > ganz normal.

    Würde ich so pauschal nicht sagen. Ich habe unterschiedliche Freunde und Bekannte - bei manchen gibt es Körperkontakt, bei anderen weniger bis gar nicht. Den Trend, den du feststellst, also zwischen Mann und Frau und unter Frauen eher ja, unter Männern eher nein, den gibt es hier auch.

    Also für mich sind die Unterschiede eher gering, außer dass die ritualisierten Küsschen nur in einer sehr eng umrissenen Umgebung in D stattfinden: Der Bussi-Bussi-Gesellschaft. ;-)


    • beat@0x1b.ch Re: Körperkontakt
      Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Montag, 27. August 2007, 07:41

      Bussi-Bussi-Gesellschaft? *Googleanwerf* *Blogartikelles* Das ist bei Euch ja direkt ein Schimpfwort ;-) Die Schönen und Reichen, schon besungen im Song Schickeria von der Spider Murphy Gang. Vor allem zuhause in München - war da nicht auch Munich Girls so ein ganz böser Song von Falco? - durch das Ableben von Mosimann noch einmal ganz berühmt geworden.

      Vielleicht sind einfach alle Schweizer schön und reich? Oder ist einfach der französische Einfluss bedeutend grösser, durch das Zusammenleben beider Kulturen im selben Land? Trotz TGV Lyria und den entsprechenden ICE auf derselben Strecke sind sich die Goten und Gallier eben noch immer spinnefeind. Aber aufgepasst - nicht überall in Frankreich sind es drei Küsschen. In gewissen Regionen sollen es bloss deren zwei sein.

      Aber selbst wenn diese Form von Begrüssung und Verabschiedung sehr schnell daherkommt - meist beim zweiten Mal wo man sich begegnet - bleibt es dann dabei. Selbst in einer jahrelangen Freundschaft kommt nicht mehr dazu.

      Ich finde es immer wieder faszinierend, solche Feinheiten zu entdecken. Wir sind nicht gleich - und warum sollen wir das nicht ausleben?

      • Re: Körperkontakt
        Geschrieben von Bloggerin am Montag, 27. August 2007, 08:11

        Ich sehe das etwas anders. In der Schweiz duzt man sich zB viel eher als in D. Aber das kommt wohl auch auf die Gesellschaft drauf an, in der man sich bewegt.

        In der Ch umarme ich auch Freunde- kein Problem- und mein Mann umarmt auch männliche Freunde...wieso auch nicht?

        Ich finde das "Klima" in D eher etwas kälter als in der CH. Die Küsschen links und rechts finde ich hingegen echt behämmert- das scheint so proforma.