VmWare
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Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Dienstag, 19. Juni 2007, 18:09
aus dem *grübel* dept.
Heute Morgen verschlug es mich nach Baden, an das VmWare Symposium. Ein paar interessante Vorträge und ein paar noch interessantere Gespräche eröffneten mir neue Gedanken zu IT und dem Umgang damit.
Ich erinnere mich gut, nach dem Betaprogramm im 1998 / 1999 meine erste VmWare für ein paar Dollar gekauft und auf meiner Linux Workstation installiert zu haben. Welch ein Wandel zu der Firma, die dieses Jahr mit einer Milliarde Dollar Umsatz rechnet. VmWare hat es irgendwie geschafft, im richtigen Augenblick das richtige Tool zu erschaffen und scheffelt mittlerweile massiv Geld damit.
Irgendwann in den 50ern hatte jeder, der einen Computer betrieb, auch regelmässig einen Schraubenzieher dabei. Röhren stecken, Dioden löten, oder eigene Interfaces bauen war an der Tagesordnung. Es gab sogar welche, die bauten ihren Computer gleich selbst.
Die nächste Stufe waren wohl die S/360 und PDPs von DEC. An der Hardware wurde nicht mehr geschraubt - es war aber eine absolute Selbstverständlichkeit, dass am Betriebssystem und den Applikationen gebaut wurde.
In den 80ern schraubte kaum jemand mehr am OS. Im kommerziellen Umfeld war es aber immer noch gang und gäbe, die Sourcen zu einer Applikation zu bekommen und an diesen Aenderungen vorzunehmen - schliesslich waren die Applikationen damals noch lange nicht so parameteriserbar wie heute und der Source bot oft die einzige Möglichkeit, die Firmenprozesse in Software abzubilden. Als ich Ende der 80er mit der Computerei mein Geld zu verdienen begann, endete diese Aera gerade.
Spätestens mit Windows auf dem Server war das Schrauben an Applikationen vorbei. Man installiert das System, parameterisiert es auch. Man beschäftigte sich mit dem "wie" und "wo" - nur schon um erfolgreich Backups und Restores machen zu können. Aber man hackt nicht mehr im Code. Die laufend steigernden Anforderungen an Verfügbarkeit sorgten auch dafür, dass die Applikationen vom einen auf das andere System verschoben werden mussten - ohne tiefe Kenntnisse der Applikation ist so etwas selbstverständlich nicht möglich.
Dieses Know How fehlt in den meisten IT Abteilungen. Periodisch werde ich beigezogen, wenn Reparaturen an Systemen notwendig werden, wenn Systeme von einem Server auf einen anderen umgezogen werden müssen. Doch bin auch ich nicht ganz billig - wie alle in der Informatik, die einen gewissen Erfahrungsschatz mit sich bringen.
VmWare bietet nun eine völlig neue Option. Ein Serversystem kann als Ganzes als Black Box betrachtet werden. Es spielt überhaupt keine Rolle mehr, wie der Server aufgebaut ist - er ist nur noch ein paar Files auf einem SAN, "interpretiert" von einer VmWare. Migrationen sind einen Mausklick entfernt, der Server ist komplett losgelöst von der Hardware. Kenntnisse über das Betriebssystem und die Software sind in der internen IT nicht mehr nötig. Installieren kann der Softwarelieferant bzw. der Programmierer - jede Applikation bekommt ihren Server und gut ist.
Dieser Hang zu Appliancies, schlüsselfertigen Lösungen, ist diametral entgegengesetzt zu den Ideen typischer Linuxler. Linux bietet einen Weg, ein System zu verstehen. Ich kann reingucken, sehen was passiert. Nicht einfach in einem GUI klicken und hoffen es geht, sondern ein Initscript lesen. Es auch anpassen, wenn etwas nicht gehen sollte. Doch sind die Mehrheit der IT Leiter gar nicht daran interessiert, eben dieses Know How in ihrem Team zu besitzen - ganz im Gegenteil. Jeder Server - eine Aufgabe - eine virtuelle Instanz. Der Admin muss nur noch wissen wie Migrieren, Snapshoten oder Restoren. Allenfalls braucht es einen Applikationsspezialisten der das Programm an sich zu bedienen versteht.
Für den Desktop soll es ganz ähnlich kommen. Nicht mehr diese unsägliche Unattendend Windows Installationsgeschichte, sondern irgendeine Form von zentralisiertem Client. Linux auf dem Desktop? Das ist definitiv nicht mehr die Frage. Bestenfalls als "Unterlage", genauso wie unter einem ESX ein Linux läuft. Windows auf dem Desktop ist Pflicht, nur schon um die hunderten von kleinen Dingen am Leben zu erhalten, die einem Mitarbeiter das Leben erleichtern oder oftmals gar erst ermöglichen. Aber die Maintainance, die soll weg.
Ich bin irgendwie froh, einen Job zu haben, in dem ich mich noch so richtig reinknien kann bzw. sogar muss. Die Perspektive, die ich als alternden Informatiker haben werde, macht mir jedoch keinen grossen Spass: Herr über ein Team von mehr oder minder unfähigen Leuten, Herr über hunderte von virtuellen Servern, die unter dem Motto "nerver touch a running system" laufen. Also doch Techie bleiben so lange es geht und dann ab aufs Feld und Rüebli pflanzen ;-)
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