Das Geheimnis
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Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Sonntag, 17. Juni 2007, 15:34
aus dem *dvdabend* dept.
Gestern Abend (nachdem wir endlich die Kids ins Bett gebracht haben {scheiss Sommerzeit!}) guckten wir den wunderbaren Film Das Geheimnis.
Marie, eine Französin mitte Dreissig, mit Mann und Sohn, verkauft erfolgreich Enzyklopädien. Sie reist von Tür zu Tür und dreht den Leuten fette Bücher an. Ihr Leben wurde bisher von Mutter und Mann bestimmt, sie selbst ist sich nie wirklich bewusst geworden, was sie eigentlich will. Irgendwie fehlt ihr etwas im Leben, ohne wirklich zu realisieren was es ist.
Aufgrund eines Zufalles lernt sie in einem Kunden einen faszinierenden Menschen kennen. Bill ist Afroamerikaner, hat in New York eine Tanzschule geleitet und hat sich dazu entschlossen, einfach einmal gar nichts zu tun. Marie und Bill kommen aufgrund einer fehlenden Unterschrift ins Gespräch, der Zauber dieses Mannes lässt sie nicht mehr los. Während eines Besuches, kurz alleine im grossen Wohnzimmer mit Blick auf einen wunderbaren Garten, reitet Marie der Teufel und sie zieht ihr Wickeltop und den BH aus. Bill schafft es, ihr trotz ihrer Nervosität das Vetrauen zu vermitteln und beide beginnen eine intensive Liebesbeziehung.
Anne Coesens hat mit der Rolle von Marie eine grosse schauspielerische Leistung erbracht. Die Szene, in der sie alleine im Wohnzimmer steht, sich spontan dazu entschliesst das Top auszuziehen und die darauf folgende Nervosität sind an einem Stück gedreht. Anderthalb Minuten, in denen eine lange Geschichte erzählt wird. Die Regungen im Gesicht der Frau, die Anspannung, als sie begreift was sie getan hat und die Scham dem fremden Mann gegenüber sind so realistisch dargestellt, dass man mit der Frau einfach mitfühlen muss. Der Kameramann hat sich genauso Mühe gegeben und mit der Spiegelung im Fenster dem Zuschauer einen zweiten Blick verschafft.
Marie gewinnt einen neuen Blick auf ihr Leben. Sie beginnt es in die Hand zu nehmen und folgt nicht mehr einfach den Vorgaben von aussen. Sie entscheidet sich gegen ein zweites Kind und stellt sich damit gegen ihren Mann, sie folgt nicht ihrer Mutter sondern lebt die Beziehung zu Bill weiter. Sie hört auf, die beste Verkäuferin sein zu wollen und verbringt eher einmal eine Stunde bei Bill als bei einem potentiellen Kunden.
Irgendwann kommt Marie mit einem grossen Knutschfleck nach Hause. François, ihr Mann, rastet komplett aus, verstösst seine Frau kurz darauf. Marie hat sein Vertrauen missbraucht, ihn hintergangen - sie hat jedoch nie die Liebe zu ihm verloren oder den Wunsch bekommen, ihn zu verlassen. Er hingegen weiss vor Eifersucht nichts besseres, als eben genau das, was ihm etwas Wert ist, zu zerstören.
Der Film zeigt wunderbar, welchen Aufschwung ein Mensch erleben kann, wenn mitten im Leben plötzlich eine neue Liebe auftaucht. Die langjährige Beziehung muss höchstens aufgrund der gängigen Wertvorstellungen abgebrochen werden - nicht jedoch aufgrund der Gefühle. Warum auch, man kann mehr als einen Menschen lieben, auch wenn diese Vorstellung auf den ersten Blick sonderbar erscheint.
Dann die Eifersucht. Das totale Ausrasten, das mutwillige Zerstören eben dessen, was man doch eigentlich erhalten möchte. Wer hat jetzt die Beziehung zerstört - Marie, die ihren Mann hintergangen hat oder François, der sie zum Teufel schickt?
Zum Schluss finden beide wieder zueinander. Ziemlich sicher nicht mehr dieselben Menschen wie zu Beginn des Filmes, aber weiter in ihrem Leben, in ihrer Beziehung. Eine Beziehung, zu der nun auch Marie Ja sagt und sich nicht einfach nur treiben lässt. Viel Schmerz wäre den beiden erspart geblieben, wären sie ehrlich und offen miteinander umgegangen...
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