0x1b - ESCAPE
HTML PDF Postscript
 Stromsparlampen 
Beat Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Samstag, 24. Februar 2007, 11:15
aus dem *rechenexperiment* dept.

Manchmal liebe ich es, auf Sandro's Forum Politik herumzulesen, meist komme ich vom Planet her. Wie auf Heise gibt es eine Schlammschlacht in den Kommentaren - irgendwo in der Mitte der Extreme liegt wohl meist die Wahrheit. Diese Woche erregte der Artikel Herkömmliche Glühbirnen müssten verboten sein mein Aufsehen. Stimmt die Aussage dass man ein ganzes AKW einsparen könnte? Lasst uns doch einmal rechnen!

Nehmen wir einmal an, dass in einem typischen Haushalt zwei 60 Watt Lampen brennen. Gut, normalerweise brennen mehr, dafür aber nicht rund um die Uhr. Wenigstens bei uns heisst es Licht aus wenn von draussen genug hell kommt. So lange wir aber nicht genauer wissen, wie viel Strom für Beleuchtung verbraten wird, ist diese Annahme sicher nicht übel. Das macht zusammen 120 Watt. Zwei Stromsparlampen von derselben Helligkeit brauchen etwa 8-10 Watt, rechnen wir also mit einer potentiellen Einsparung von 100 Watt pro Haushalt.

Wir haben rund 4'000'000 Haushalte in der Schweiz. Macht ein Einsparungspotential von 400'000'000 Watt oder 400'000 Kilowatt oder 400 Megawatt. Damit sind wir tatsächlich im Bereich eines KKW Beznau oder Mühleberg - aber noch weit weg von einem Gösgen oder Leibstadt, die ein rundes Gigawatt fabrizieren.

Doch, ist diese Abwärme wirklich verloren? Diese 100 Watt leisten zumindest während den Wintermonaten einen Beitrag an die Heizung unseres Haushaltes. Und sie entstehen da, wo wir Menschen uns gerade befinden und es warm mögen.

400 Megawatt x 180 Tage à 24 Stunden sind 777'600 Megawattstunden. Diese Wärme wird - zumindest in der Schweiz - mehrheitlich durch einen Oelbrenner ersetzt. Heizöl Extraleicht hat gemäss Wikipedia einen Heizwert von 10,08 kWh/l, wir müssen 777'600'000 kWh Heizleistung erzeugen. Also brauchen wir zusätzliche 77'142'857 l Heizöl.

Heizöl Extraleicht entspricht seiner chemischen Zusammensetzung dem Diesel - die beiden Stoffe unterscheiden sich nur durch die unterschiedliche Verzollung. Ein Liter dieses Stoffes erzeugt bei seiner Verbrennung 2647g CO2. Also haben wir eine zusätzliche Belastung der Umwelt durch 204'197'142'479 Gramm oder 204'197 Tonnen CO2.

Ein typisches Auto braucht vielleicht 10 Liter Benzin auf 100km und fährt pro Jahr 10'000 km. Also belastet es unsere Umwelt mit rund 2400 kg CO pro Jahr. Obige 204'197 Tonnen entsprechen also 85'082 Autos.

Der komplette und instantane Ersatz aller Glühbirnen durch Energiesparlampen würde unserer Umwelt denselben Schaden zuführen, wie gut 85'000 neuer Autos. Ich sehe darin keinen Gewinn, sondern ausschliesslich Verlierer - Ausnahme vielleicht der Verkäufer für Energiesparlampen.

Wir brauchen keine Panikreaktionen ausgelöst von wenigen Extremisten. Wir brauchen eine ganzheitliche, umweltbewusste Lebensweise. Dass es zwischendurch Extremisten wie Sandro braucht, ist durchaus der Fall - es gibt auch das andere Extrem und ein gewisser Gegenpol ist da bitter nötig. Doch werden uns die Extreme nie in eine sinnvolle und gute Richtung führen können.

Permalink

Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • Re: Stromsparlampen
    Geschrieben von bbu am Sonntag, 25. Februar 2007, 11:12

    netter artikel, danke (auch vom planet kommend)

  • ventilator@semmel.ch Re: Stromsparlampen
    Geschrieben von Venty (Link) am Sonntag, 25. Februar 2007, 21:00

    Tjo, also ich kauf immer diese Stromsparlampen. Die halten nämlich auch länger, als diese normalen Glühlampen.



    • priska@0x1b.ch Re: Stromsparlampen
      Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Sonntag, 25. Februar 2007, 23:22

      Da wo ich vermutlich Stromsparlampen einbauen könnte, hab ich sicher seit über 10 Jahren keine Birne mehr wechseln müssen... Irgendwas mach ich glaub falsch, dass das Zeug bei mir nicht kaputt geht.

  • Re: Stromsparlampen
    Geschrieben von Alain am Montag, 26. Februar 2007, 14:15

    Die Rechnuung mit der Wärmeleistung geht aber nicht wirklich auf:

    1 - Im Sommer
    2 - Draussen


    • beat@0x1b.ch Re: Stromsparlampen
      Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Montag, 26. Februar 2007, 14:39

      Du siehst zwei Probleme.

      Das mit dem Winter: Ich rechne nicht mit 365, sondern nur mit 180 Tagen. Das sind 6 Monate und entspricht der typischen Heizperiode zwischen November und April.

      Das mit der Aussenbeleuchtung ignorierte ich der Einfachheit halber. Wobei ich mir LED oder Fluoreszenzleuchten doch als recht gewöhnungsbedürftige Partybeleuchtung im Garten vorstelle :-)

      Spass beiseite: Die Haustürbeleuchtungen haben meist einen Bewegungsmelder oder gar einen Schalter und sind damit nur selten an. Die von den Gemeinden und Kantonen installierten Strassenbeleuchtungen sind normalerweise Quecksilber- oder Natriumdampflampen und damit bedeutend effektiver als klassische Glühbirnen - man könnte vielleicht darüber dikutieren, wie lange sie jeden Tag brennen sollten.

      Die ganze Rechnung besteht nur auf Annahmen. Vielleicht gibt es besseres Ausgangsmaterial, vielleicht auch nicht. Aber die grundsätzliche Aussage, dass jede neue Idee von mehr als nur einer Seite beleuchtet werden sollte, bleibt sicherlich auch so bestehen.

      • Re: Stromsparlampen
        Geschrieben von Cmdr_Zod am Montag, 26. Februar 2007, 18:39

        Wobei man gerade die ganzen Bewegunsmelder im Aussenbereich bezüglich des Erkennungsbereichs doch etwas optimieren könnte. Jeden morgen aktiviere ich auf dem Weg zur Arbeit mit dem Velo von der Strasse aus bei zwei Liegenschaften ziemlich viel Licht. Auch wenn das Zeugs nur ein paar Minuten brennen mag, ich sehe nicht ein wieso jeden Morgen eine kleinere Hallogenleuchte und ein halbes Dutzend kleine Aussenlampen losgehen muss, wo es doch Strassenlampen hat (ok, die wirken direkt kümmerlich nachdem die private Disco losgeht) und mein Velo über Licht verfügt.
        Andere Leute hängen 1-2kW Hallogenstrahler an einen Bewegunsmelder, der jedes die Strasse passierende Auto erkennt (und zusätzlich ordentlich blendet). Ganz offensichtlich hat man zu vielen Leuten erzählt das Licht Einbrecher abschrecken würde. Mag ja schon sein, aber man muss nicht die halbe Umgebung taghell erleuchten.

        Was den Ersatz von elektrischer Heizleistung durch Erdöl anbelangt muss man sehen, dass doch zusehends alternativ (meist mit Erdwärmepumpen) geheizt wird. Das betrifft nicht nur Neubauten (wo die Bohrteams schon fast zur Baustelle gehören) sondern auch bestehende Bauten, wo Ölbrenner nicht selten durch Wärmepumpen ersetzt werden.
        Daneben gibts noch ein paar wenig verbreitete Exoten wie Holz (Stückgut, Pellets oder Schnitzel) und Abwärme von Industrieprozessen. Wäre interessant zu wissen wie die benötigte Heizleistung in der Schweiz erbracht wird.

        • beat@0x1b.ch Re: Stromsparlampen
          Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Dienstag, 27. Februar 2007, 08:54

          Was den Ersatz von elektrischer Heizleistung durch Erdöl anbelangt muss man sehen, dass doch zusehends alternativ (meist mit Erdwärmepumpen) geheizt wird.

          Auch wenn eine Wärmepumpe einen grossen Teil der Energie aus der Luft, dem Boden oder aus Abwärme bezieht, so braucht sie einen Happen Energie um diese Wärme zu "komprimieren" - auf ein uns angenehmes Niveau zu bringen. Die Formeln im Wikipedia Artikel sind ziemlich fett, über den Daumen gerechnet musst Du nach wie vor etwa 1/4 bis 1/3 der bisherigen Energie aufwenden, wenn Du eine klassische Heizung durch eine Wärmepumpe ersetzt.

          Hinzu kommt die Tatsache, dass eine typische Wärmepumpe mit Strom betrieben wird und damit normalerweise eine Verschiebung von fossilen Brennstoffen zum AKW bedeutet.

          Daneben gibts noch ein paar wenig verbreitete Exoten wie Holz (Stückgut, Pellets oder Schnitzel) und Abwärme von Industrieprozessen.

          Holz kann durchaus interessant sein um zu heizen. Aber es wird kaum der Stoff sein, um alle Häuser zu heizen, dafür hat es doch zu wenig in der Schweiz. Und Regenwald abzuholzen, das Material um die halbe Welt zu transportiern ist definitiv ein Blödsinn.

          Fernwärme ist auch ein Problem. In den Städten heisst es ein weiteres Netz in den Boden zu vergraben, auf dem Land sind dank der massiven Verstreuung der Häuser extrem lange Leitungen mit entsprechenden Verlusten nötig.

          Es gibt viele Möglichkeiten, doch keine ist so einfach und universell wie die althergebrachte Oelheizung. Es braucht einerseits investitionswillige Bauherren, vielleicht auch etwas Druck durch das Gesetz - aber es braucht ganz besonders Leute, die ihre Sache verstehen und einen in Sachen alternativer Wärmeerzeugung beraten können. Davon wird es wohl genauso viele geben wie es gute Informatiker gibt: Viel zu wenige.

          • k.hoenl@web.de Re: Stromsparlampen
            Geschrieben von kurt hönl am Samstag, 31. März 2007, 17:46

            Das Einsparpotenzial von Sparlampen wird maßlos übertrieben und in einigen Fällen ist der Einsatz von Sparlampen sogar kontraproduktiv.
            Wenn man den Verbrauch von Verbrauchern vergleichen will muss man eine Bilanz ziehen und Input und Output Gegenrechnen und dabei das richtige Vorzeichen nicht vergessen.

            Falls man in Österreich , der Schweiz oder in Frankreich leben sind Sie fein raus wenn sie weiterhin Glühbirnen aller Art in beheizten Räumen benutzen ; denn die Verlustwärme der
            L. unterstützt die - meist fossil befeuerte Heizung- und dies ohne CO2 Belastung , weil dort der Strom zu 70 A, 95 CH und 75%in F mit erneuerbarem oder Atomstrom generiert wird.
            Wen man dort Sparlampen einsetzt wird mehr CO2 emittiert als mit Glühlampen , denn wie gesagt die meisten Heizungen sind fossil befeuerte. Ausnahme Heizung mit EE z.B. Holz wie ich es in Graubünden kenne.
            In D haben wir einen Anteil von 30% AKW-Strom und ca. 10% von erneuerbaren Quellen , bei nacht also bei weniger Auslastung der Netze steigt der AKW-Anteil noch an da AKWs
            fast immer am Netz sind , jedoch z.B. Gaskraftwerke deaktiviert werden.
            Ich vermute (genau habe ich es wegen fehlender Daten noch nicht berechnet) , dass ab ca. 60% und von da an der Einsatz von Stromsparlampen auch bei uns kontraproduktiv wirkt , also immer dann wenn man den Strom immer mehr aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Ist das nun ein Paradoxon?

            Wie auch immer ich empfehle zumindest in A, CH , F während der Heizperiode Glühlampen einzudrehen und außerhalb kann man tun was man will denn dann sind die Tage am längsten und die Nächte am kürzesten und somit ist das Sparpotenzial bescheiden.
            Vielleicht können sie jetzt beruhigt schlafen.