Jahr ohne Sommer
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Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Mittwoch, 3. Januar 2007, 07:07
aus dem *klimawandel* dept.
Gewisse Leute machen sich massiv Sorgen wegen dem aktuellen Temperaturanstieg. Eine Notiz in TV2 zu einer Sendung über den Vulkan unter dem Yellowstone Nationalpark brachte mir einen interessanten Surfabend und neue Erkenntnisse.
Unter dem Yellowstone National Park liegt ein Vulkan, ein sogenannter Supervulkan. Anstatt periodisch Feuer und Asche zu speien, lädt sich eine Blase mit Magma und Gasen auf, welche am Tag X platzt und den gesamten Inhalt aufs Mal in die Atmosphäre entlädt. In diesem Fall passiert das so alle 600'000 Jahre, die Geologen erwarten einen Ausbruch in "Kürze", also im Verlaufe der nächsten paar Jahre bis Jahrtausenden.
Der letzte derartige Vulkanausbruch war vor 74'000 Jahren unter dem heutigen Tobasee und war wohl für die Toba Katastrophe verantwortlich. Und damit war ich bei einem ganz neuen Thema, der Geschichte des Menschen.
Die Abkühlung der Atmosphäre um vielleicht 15° sorgte für das Aussterben der meisten Menschen. Vielleicht 10'000 sollen überlebt haben und damit zu einer recht kleine Gruppe genetisch verschiedener Menschen geführt haben. Die Wissenschaftler sprechen von einem Genetischen Flaschenhals. Dass heute zwei beliebige Menschen von beliebigen Orten auf der Welt miteinander Kinder zeugen können, ist eine Folge dieser genetischen Ausdünnung.
Die Möglichkeiten der Gentechnik haben uns die Chance gebracht, diese minimalen Unterschiede im heutigen Menschen zu erkennen. Beispielsweise im Y-Chromosom, das nur bei uns Männern vorhanden ist und so 1:1 von Vater auf Sohn übergeht - mit den minimen Aenderungen, die der Lauf der Zeit in Form von Mutationen mit sich bringt. So stammen wir Männer im Prinzip von einem Adam ab, der vor rund 80'000 Jahren in Afrika lebte.
Dasselbe gibt es auch auf Frauenseite - nicht dass ich jetzt von Frauenrechtlerinnen auf das Dach bekomme :-) Die Mutter vererbt ihre Mitrochondien an alle Kinder - im Spermium hat es schlicht keine solchen - und so findet sich auch hier eine gemeinsame Eva. Sie lebte vor 175'000 Jahren - auch in Afrika.
Aber es muss ja nicht ein derartig grosser Event sein, der uns Aerger macht. Auch wenn wir reele Chancen haben, zu überleben - wenn nicht als Individuum, sondern als Spezie. Es gab auch kleinere Probleme, die uns zu schaffen machten.
1815 brach der Tambora aus und bescherte der Welt ein Jahr ohne Sommer. Schnee im August sorgte für katastrophale Ernten, entsprechende Hungersnöte inklusive. Viele Menschen wanderten damals nach Amerika aus, in der Hoffnung, da eher überleben zu können. Einen derartigen Ausbruch mit bis zu 100m^2 Material (VEI 6 bis 7) ist alle 100-1000 Jahre üblich. Auswirken tut er sich im selben Jahr, in dem er stattfindet.
Die Tatsache dass ich hiersitze und blogge zeigt mir, dass meine Vorfahren all das überlebt haben. Seien es die 0.5° nach dem Ausbruch des Pinatubo, die 2.5° nach dem Tambora oder die 15° nach dem Toba. Das Wetter hat immer wieder extremen Jojo gemacht. Ein paar Grade Unterschied sind völlig normal, auch wenn es uns speziell vorkommt, mit 15° Silvester zu feiern.
Die aktuellen Modelle rechnen mit einem Anstieg von 5-10° in den nächsten 100 Jahren - ausgehend von den aktuellen Messwerten für Treibhausgase und den Erfahrungen der letzten 1000 Jahre. Doch was war zuvor? Dass es um Christi Geburt warm war, scheint sich so langsam zu etablieren. So richtig warm - wie hätten sonst die Römer in ihren Sandalen über die Alpenpässe wandern können? Oder die Wikinger über den Atlantik segeln können?
Die Modelle berücksichtigen auch keine aussergewöhnlichen Einflüsse. Einen Vulkanausbruch, einen Meteoriteneinschlag. Vielleicht werden die 5° Plus dafür sorgen, dass wir den nächsten grossen Bumpf überhaupt überleben können?
Vieleicht sollten wir das Wetter einfach geniessen? So viele Dinge können unser Leben im Nu unangenehm werden lassen, dass es im Grunde genommen ein Verbrechen ist, uns Sorgen zu machen...
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Re: Jahr ohne Sommer
Geschrieben von Edith am
Mittwoch, 3. Januar 2007, 22:08
Hallo Beat,
ich gebe es zu, auch ich gehöre zu denen, denen der Klimawandel nicht gleichgültig ist. Mal abgesehen davon, dass ich die Hitze nicht mag... ;-)
Was wären denn die Folgen einer höheren Durchschnittstemperatur? Vermutlich würden einige Tierarten aussterben, aber das gab es früher auch schon. Und solange wir den Rindern und Schweinen gut schauen, besteht für die keine Gefahr und ein Teil unserer Ernährung wäre gesichert. Ausserdem kann man ja auch vegetarisch leben. Na ja, einige Pflanzen hätten wohl auch Mühe sich an höhere Temperaturen anzupassen, aber auch das liesse sich verschmerzen. Ausserdem, in unseren Breitengraden z. B. Orangen und Bananen zu ernten, das wäre ja geradezu verlockend.
Mehr Sorgen macht mir schon, dass es in den Bergen nicht mehr so viel Schnee geben würde (z.T. jetzt schon gibt), die Winter immer kürzer würden (sind). Der grösste Teil der Bergbevölkerung lebt direkt oder indirekt vom (Winter)-Tourismus und der ist ohne Schnee nicht denkbar. Man ist daran sich Alternativen zu überlegen, aber der Sommer zeigt, dass Berge ohne Schnee nicht sonderlich gefragt sind. "Dank" dem schwindenden Permafrost würde es auch vermehrt zu Steinlawinen, Felsstürzen und Bergrutschen kommen. Das würde den verbleibenden Bergbauern das Leben auch nicht gerade einfacher machen. Ebensowenig wie die drohende Wasserknappheit.
Was ist, wenn die riesigen Eismassen an den Polen abschmelzen? Um wieviel würde der Wasserspiegel der Meere steigen? Was passiert dann mit all den Menschen in den Küstenregionen, mit denjenigen die jetzt schon unter dem Niveau des Meeresspiegels wohnen? Was kostet es, alle Deiche zu erhöhen, neue zu bauen?
Was ist, wenn sich Wüsten ausbreiten? Wenn das bebaubare Land knapper wird? Wohin flüchten die Menschen, die davon betroffen sein werden?
Gut möglich, dass es schon wärmere Zeiten gegeben hat. Mit Sandalen die Alpen überquerende Römer sind mir da allerdings zu wenig beweiskräftig. Ich gehe davon aus, dass die Römer diese Reise im Sommer gemacht haben und das wäre auch jetzt jederzeit möglich. Den Beweis trete ich gerne an, im Sommer! Und ich bin sicher, das wäre auch vor hundert Jahren möglich gewesen, als es noch kühler war. Das kann ich allerdings nicht demonstrieren ;-) Also, auch wenn es früher mal wesentlich wärmer gewesen sein sollte als heute, dann war doch etwas wesentlich anders: es gab noch sehr viel weniger Menschen auf dieser Erde und damit auch viel mehr Platz zum Ausweichen.
Das ist es, was mir Angst macht, dass dereinst viel zu viele und auch sehr verschiedene Menschen auf engem Raum leben müssen. Ich stelle mir das nicht gerade einfach vor. Ich habe aber Glück, ich werde wohl kaum mehr direkt davon betroffen sein. Kann ich aber einfach die Augen vor etwas verschliessen, das ich zwar mitverursache, das aber "bloss" meine Nachkommen betrifft?
Aber vielleicht haben wir ja "Glück" und der Toba bricht wieder aus, bevor es so richtig eng wird. Danach wäre wieder Platz auf der Erde. Nur, bis es sich dann wieder einigermassen angenehm leben liesse, hätte ich auch nichts mehr davon.
In mindestens einem Punkt gebe ich Dir aber vollkommen Recht: Es hat wirklich keinen Sinn miesepetrig und sorgenvoll durchs Leben zu gehen, dafür gefällt es mir viel zu gut. Ich bin gerne auf dieser Erde, sie ist wunderschön. Und gerade deshalb bin ich dafür, ihr Sorge zu tragen. Es genügt, wenn uns die Natur selber hin und wieder einen dicken Strich durch die Rechnung macht. Selber möchte ich am liebsten nichts, oder dann so wenig wie möglich, dazu beitragen.
Hier hätte ich Dir gerne noch einen Link gesetzt. Leider weiss ich nicht wie das hier funktioniert :-( Aber gib doch bei Wikipedia "Folgen der globalen Erwärmung" ein. Ich glaube, das gibt nochmals einen interessanten Surfabend. Ich habe das auch noch vor mir und wer weiss, vielleicht werden einige meiner Theorien widerlegt.
Herzliche Grüsse
Edith
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Re: Jahr ohne Sommer
Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Freitag, 5. Januar 2007, 15:07
Hallo Edith!
Dass die Folgen des Klimawandels gewaltige Spuren zeigen wird, spreche ich nicht ab. Ganz im Gegenteil, ich rechne mit gewaltigen Eingriffen in unsere Umwelt, unsere Ernährung und damit auch in die soziale Stabilität. Sobald Menschen aus Hunger aufbrechen werden, wird es nicht ohne Krieg vonstatten gehen.
Worauf ich aber hinausgehen möchte - es ist letztendlich nichts aussergewöhnliches. Wir hatten immer wieder massive Umstellungen im Klima. Einmal kalt, ein anders Mal warm. Jedesmal sind massive Probleme aufgetaucht.
Unser persönlicher Einfluss am Geschehen mag durchaus bestehen, auch wenn die Wissenschaftler sich uneinig sind, wie stark er tatsächlich ist. Und es ist so oder so sinnvoll, mit den Ressourcen bewusst und sparsam umzugehen. Einen direkten Vorwurf daraus zu machen, dass all die schlechten Folgen nur auf uns warten, weil Leute zu viel Autofahren, ist meiner Meinung nach übertrieben. Es gibt derart viele Bedrohungen gegen uns, dass das nur eine von vielen ist - Bedrohungen, denen wir eigentlich genauso in die Augen blicken sollten.
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