Shopping auf der Zeil
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Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Samstag, 9. Dezember 2006, 16:53
aus dem kaufgeil dept.
Wenn man den Expertinnen glauben schenken darf, so gibt es zwei berühmte Einkaufsmeilen in der Welt. Die Bahnhofstrasse in Zürich und die Zeil in Frankfurt.
Ich hatte diese Woche unter anderem in der Nähe Frankfurts zu tun. So kam es, dass ich am Donnerstag einen 500km Arbeitsweg hinter mich brachte, meinen letzten Kaffee vom Wägeli im Sprinter genoss *sniff* und in einem eisigen Serverraum nicht nur Platten tauschte, sondern auch Daten rettete. Nach einem Adrenalinbad kam ich gegen Sechs in der Frankfurter Innenstadt an und erfüllte mir den langersehnten Wunsch, einen Einkaufstrip auf der Zeil zu machen.
Ich hatte noch einen Wunsch - ein Vorhängeschloss um meine melone, die soeben exakt ein Jahr in meinem Besitz war, in der Jugi einschliessen zu können. Und natürlich etwas zu futtern, man will ja nicht von den Knochen fallen.
Die Warenhäuser auf der Zeil sind das, was in meiner Jugend der Jelmoli oder Globus waren. Grosse Häuser, in denen mit viel Personal hochwertige und entsprechend teure Produkte verkauft werden. Kundschaft, die so etwas will, scheint es auch (oder gerade) in Frankfurt zu geben. Jüngere und ältere, meist weibliche Kundschaft, sichtlich wohlhabend, kämpft sich durch gut eingerichtete Auslagen von gleichartigen Produkten. Also alle Pfannen an einem Ort, alle Hosen an einem anderen. Nicht ein "House of Brands", in dem man sich zu Tode sucht, wenn man sich einfach ein paar passende Jeans wünscht.
Wenige Meter neben der Strasse aber auch sehr spezielle Läden. Beispielsweise einen mit Berufskleidung. Oder eine Kunstgalerie. Oder ein Gothicshop. Nur die Quadratmeter im Bereich der Strasse sind teuer, daneben scheint das Niveau der Mieten angemessen zu sein. In Zürich? Keine Chance. Die letzten Lädeli verschwinden, die ganze Innenstadt eine einzige Boutique mit allesamt demselben Sortiment.
Auf der Strasse Markt: Würste, Glühwein, Früchte, halbe Schafe und viel Bienenwachs. Ein wildes Treiben von Menschen, die mit einer enormen Hektik ihrem Ziel zustreben. Viele Krawattis, die sich noch nicht von ihrem Fisch befreit haben. Auffallend viele Mädchen und Frauen in meist knielangen Röcken, passenden Mänteln, teilweise Stiefeln aber auch dicken Strumpfhosen. Dazwischen aber auch viele Bettler, Alkis und Hilfsarbeiter. Verwirrte, die mich innert dreissig Sekunden zweimal Fragen, ob ich ihnen zehn Cents hätte. Nirgends ist mir die soziale Schere derart stark aufgefallen wie in einem Frankfurt.
Aber ich suche ja etwas. Ab in's nächste Warenhaus. Ich finde eine Abteilung für Fahrräder. Auf edelsten Gestellen werden elektronische Tachos, Pneus, Sättel und Kleidung dargeboten. Zwei Verkäufer stehen dezent im Hintergrund, um bei Fragen helfend einzugreifen. Eine Outdoor Ecke, in der ein halber Jack Wolfskin eingebettet liegt. Zehn Meter weiter das grosse Staunen: Eine Abteilung für Golfer. Schläger, Bälle und natürlich auch die passenden Klamotten. Jede dieser Abteilungen sicher 200m^2 gross. Es muss irgendwie Kundschaft für so etwas geben, schliesslich brauchen nur schon diese drei Abteilungen zusammen ein gutes Dutzend spezialisierte Verkäufer um die langen Oeffnungszeiten bis Abends um Zehn abzudecken.
Im Erdgeschoss die übliche Parfumerie, in der man sich aber gleich die Hände maniküren lassen kann. Die Strumpfhosenabteilung glänzt mit der kompletten Falke und Wolford Kollektion. Alle Grössen, Farben und Muster zu den diesen Marken üblichen Preisen. In der Ecke Taschen und Koffer. Könnte es sein, dass ich da ein Schloss finde?
Ja. Gleich eine ganze Kollektion. Der Renner scheinen Schlösser zu sein, die der amerikanische Zoll öffnen kann. Nur der amerikanische Zoll? Ich bin misstrauisch und suche weiter. Da hat es ein Schloss ohne dem entsprechenden Logo. Von Victorinox. Mit Zahlencode und Stahlseilverschluss. Warum auch nicht?
Der Verkäufer macht grosse Augen. Oh, ein Victorinox. Das ist aber teuer!. Ich grinse ihn an, zücke meine VISA und erzähle ihm so nebenbei, dass ich das Schloss zurück in die Schweiz exportiere. Er hält mich für komplett plemplem, die Kartentransaktion wird aber akzeptiert und die Unterschrift, die ich mache, gleicht der auf der Karte. Vielleicht ist das Personal zwar in grosser Menge, aber doch nicht ganz so gut geschult wie es sein sollte? ;-)
Essen - wie sollte es auch anders kommen, im MC. Eine Frankfurter Riesenbratwurst im Nieselregen zu essen konnte mich nicht überzeugen. Ich gewann erst noch im Monopoli und kam zu einem kostenlosen Cappucino. Dafür hatte ich keinen Erfolg in der Liebe und legte mich ganz alleine in mein Bett in der Jugi - im Wissen, dass meine melone sicher verschlossen auf mich wartet.
Am Freitag war ich noch einmal da. Eines hat noch gefehlt - der Ausblick von der Zeil Galerie. Dem absolut komischen Einkaufszentrum, das in einer Schnecke angeordnet ist und anscheinend mit reinem Spekulationsgeld gebaut wurde. Ich fuhr die Rolltreppe hoch - dieses Mal stilecht in einem langen Amok - und genoss den Ausblick auf die unwirklichen Häuser mitten in der blauen Stunde bei einem ziemlich böigen Wind. Dann der ewig lange Rundgang nach unten. Vorbei an vielen speziellen Shops, vor allem natürlich Bekleidung. Das ganze Gebäude eigentlich viel zu eng, entsprechend auch die Läden eher klein. Dazwischen aber auch Spezialitäten wie ein Computerspieleshop, ein Wasserpfeifenladen oder einen alternativen Schmuckladen.
Auch hier eine kunterbunte Mischung von Kundschaft. Drinnen eher junge, aber finanzkräftige Jugendliche, die auf die "schlimmen" Klamotten in den Läden standen. Draussen wieder die grosse Schere, auch wenn am Freitag eher weniger sichtlich Wohlhabende unterwegs waren als am Donnerstag.
Ich habe eine weitere Sicht auf Frankfurt und dessen Bewohner bekommen. Eine ganz eigene. Erstaunt war ich darüber, wie gut ich mich mittlerweile zurechtfinde - wenigstens zu Fuss, mit dem Auto dürfte das noch einmal eine ganz andere Geschichte werden. Und ich habe mir einen Wunsch erfüllt, mit einem Ding, dass mich wohl für den Rest meines Lebens an einen interessanten und abwechslungsreichen Abend erinnern wird.
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Re: Shopping auf der Zeil
Geschrieben von gnom am
Samstag, 9. Dezember 2006, 23:12
Ich gratuliere dir zu deinem Wunsch nach einem Schloss!
Als ich einmal im Zug arbeitete (Papierzeugs) vergewisserte ich mich vor dem Aussteigen ob mein Targus-Backpack richtig zu ist. (Reissverschluss)
Als ich aus dem Bahnhof gelaufen war merkte ich, dass mein Rucksack offen ist. Ich hatte grosses Glück, denn ich lies am Abend vorher das Notebook im Geschäft und hatte nur den "leeren" Targus Rucksack dabei. Wie es jemand schaffte den Rucksack zu öffnen, weiss ich nicht.
Nun ja, jetzt schauen mich die Leute im Zug sehr dumm an. Wenn ich das Notebook auspacke muss ich jedes Mal den Zahlencode am Schloss richtig eingeben ;)
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Re: Shopping auf der Zeil
Geschrieben von Thilde (Link) am
Sonntag, 10. Dezember 2006, 16:03
Mutig, mutig, dich zur Vorweihnachtszeit auf die Zeil zu trauen - da wird man ja zu normalen Zeiten schon fast totgetrampelt. :-\
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Re: Shopping auf der Zeil
Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Sonntag, 10. Dezember 2006, 19:57
Ich habe Uebung, in kaufgeilen Menschenmassen zu überleben. Ein modebewusstes Mädchen, ein Samstagnachmittag, der Satz ich habe keinen Pulli mehr und ein Einkaufszentrum. Das schult einen :-)
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Re: Shopping auf der Zeil
Geschrieben von adviser am
Mittwoch, 20. Dezember 2006, 11:41
Auch nicht schlecht...
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Re: Shopping auf der Zeil
Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am
Mittwoch, 20. Dezember 2006, 12:17
Soso. Ein deutsches Spielcasino. Mit einem Maketingverantwortlichen, der genug Zeit hat, Kommentare in Blogs zu verewigen. Irgendwann werde ich extra für Euch einen Artikel schreiben - bis da hin erlaube ich mich, Links auf Sites wie http://www.casinoss.de/ verschwinden zu lassen.
Die E-Mail lasse ich drinn. Sonst finden die Marketingverantwortlichen der diversen Hersteller potenzsteigernden Mittel keinen Weg, Dich anzuschreiben.
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