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 Geschäftsreise 
Beat Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Freitag, 30. Juni 2006, 21:36
aus dem klein-beat-geht-in-die-welt-hinaus dept.

Pünktlich zur halbjährlichen Freigabe der Top500 Liste der schnellsten Computer fand in Dresden die International Supercomputing Conference statt.

Nach einer Stippvisite in Lausanne reiste ich am Montag Abend im CityNightLine Semper von Zürich nach Dresden. Ich war nicht unglücklich darüber, vor dem grossen Spiel die Schweiz verlassen zu können. Die Leute am Montagabend im Bahnhof machten keinen sonderlich angenehmen Eindruck.

An der Messe selbst hatte ich einiges zu tun, aber ich weiss, dass Ihr Euch ganz bestimmt nicht für schmutzige Finger und bleeding Edge Computer interessiert ;-)

Dresden war irgendwie faszinierend. Auf der Karte sieht alles so nett und klein aus. Zwei Strassen von der S-Bahn her liegt das Kongresszentrum, vielleicht vier oder fünf Strassen geht es bis zum Hotel. Jetzt ist die Stadt aber enorm grosszügig gebaut. Breite, ausladende Strassen, auch in der Rushhour kaum voll. So dauerte der Weg zu Fuss vom Bahnhof zum Kongresszentrum schon einmal seine 20 Minuten, der Weg zum Hotel eine runde Fünfviertelstunde.

Während bei uns der ganze Bahnhof mit Essbarem zugekleistert ist und in der näheren Umgebung sicher jeder zweite Quadratmeter der Gastronomie gehört, blieb ich in Dresden auf dem Trockenen sitzen. Erst am Abend entdeckte ich einen Burger King im Vorortsbahnhof Dresden-Neustadt, am Mittwochabend verpflegte ich mich dann in einem Asia Take Away. Selbst deutsche Hausmannskost - so stark ich ihr aus dem Wege zu gehen versuche - war total untervertreten.

Das Hotel an der Königsbrücker Strasse lag gleich neben einem bald einstürzenden, käuflich zu erwerbenden Objekt. Ueberall Baustellen, viele halbzerfallene Häuser. Ein paar edel restaurierte Bauten aus der Zeit vor dem Krieg und die langsam verlotternde, aber immer noch vorhandene DDR Infrastruktur geben ein buntes Bild ab.

Die Menschen erstaunlich offen. So lange man ihnen privat begegnet. Vor allem die eher akademische Schicht denkt sehr offen, kommuniziert mit viel Freude - und ist im Falle des weiblichen Teiles der Bevölkerung auch überaus hübsch. Auch diese Offenheit ist etwas, was ich der ehemaligen DDR zuschreibe. Die Leute da denken etwas anders, sind etwas anders. Zwar deutsch, aber eben nicht so, wie wir es in den 80ern aus dem Westteil kennengelernt haben.

Im Dienstleistungsbereich spürt man die Nähe Oesterreichs. Alles ist einen kleinen Schuss übertrieben höflich, ein kleines bisschen zu viele Floskeln. Aber nicht unsympathisch. Schon gar nicht Servicewüste Deutschland.

Ganz anders bei der Arbeiterschaft. Das erste Erlebnis als ich aus dem Bahnof stolperte - vis a vis verputzten vier Jungs eine Mauer. Drei mit Kellen am verstreichen des Verputzes - der Vorarbeiter auf seinem Klappstuhl guckt ihnen einfach zu. Bei uns würde keiner den Finger aus dem A**** ziehen, wenn der Vorarbeiter einfach nur zuguckt... Dann die Story mit dem Palettenrolli. Wir hätten ihn für drei Meter gebraucht *schauder*

Ob ich die berühmte Frauenkirche gesehen habe? Ich weiss es schlicht nicht. Ein paar Kirchen sind mir begegnet, doch interessierte ich mich mehr für die Menschen da. Der Spaziergang am Mittwochabend durch die Prager Strasse und die Gespräche im Zug bedeuteten mir irgendwie mehr. Doch, etwas Architektur begeisterte mich: Der Bahnhof. Ein Kopfbahnhof, links und rechts erhöht je ein Durchgangsbahnhof. Auf der gegenüberliegenden Seite dazwischen ein paar Gütergeleise. Alles überspannt von einer Stahlskelettkonstruktion und einer Art gespanntem Tuch. Viele Teile im Umbau, aber dennoch ein faszinierendes Bauwerk. Gebaut unter einem Kaiser oder Diktator natürlich auch einen Schluck zu gross bemessen.

In einem Jahr ist wieder ISC. Zum Anlass der übernächsten Top500 Liste. Und vielleicht wird sie auch wieder in Dresden sein - falls ja werde ich hoffentlich jemanden finden, der (oder besser die :-) mir einen Blick in diese Stadt gibt. Ein Ort sieht mit den Augen eines Eingeborenen immer gleich anders aus als man sie selbst erlebt.

Donnerstag Abend, nach dem LUGS Treffen kam ich wieder nach Hause. Priska wird mich nie verstehen, dass ich weggehen kann - und mich dann riesig darüber freue, heim zu kommen. Aber ich bin einfach so ;-)

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