Neid!
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Geschrieben von Priska Rubischon am
Montag, 17. Oktober 2005, 13:17
aus dem eigentlich-schon-aber dept.
Hin und wieder kommt es vor, dass ich Grüppchen sehe, die gerade
Arbeitspause machen. Z.B. welche von der Post, oder welche aus dem Coop oder, oder, oder. Und dann denk ich jeweils, dass arbeiten gehen irgendwie doch auch schön wär.
Dieser Eindruck von "die haben etwas gemeinsames", von "zusammen sind wir stark", von "wir gehören zusammen". Man geht gemeinsam in Mittag, redet über Gott und die Welt, über Arbeitsprobleme, private Probleme, überhaupt man hat einen - gleichgestellten - Gesprächspartner und nicht einfach "minderjährige" Kinder mit denen man zwar inzwischen schon auch gut reden kann, aber halt nicht so wie mit Erwachsenen.
All das fehlt mir hin und wieder in meinem Hausfrauendasein. Natürlich, ich könnte andere Mütter aufsuchen. Aber ob man da wirklich dieselben Gesprächsthemen findet? Ich habs nicht so mit Windelnwechseln, sabber-abwischen und mein-Kind-ist-schon-extrem-schlau Geplauder. Auch
nicht mit dem grünen-Daumen, dem wie-putze-ich-den-xy-Fleck oder was-koch-ich-heute. Aber über was kann man sonst sprechen? Meine Interessen - Chat, E-Mail, Allgemeines entspricht seltenst den hier im
Dorf anwesenden Mütter.
In solchen Momenten überleg ich jeweils, ob ich mir nicht irgendwie ein 50%-Stelle suchen sollte. Wär doch nett wieder mit der Arbeitswelt in
Kontakt zu kommen. Andererseits ist es momentan für alle extrem schwierig eine Arbeit zu finden, geschweige eine 50%-Stelle. Und da kommt meine andere Seite ins Spiel, wo ich jeweils denke, dass es andere Menschen nötiger haben, diese 50%-Stelle zu erhalten. Welche die zwingend irgendwie Geld dazuverdienen müssen, weil es sonst für den
Lebensunterhalt nicht reicht.
Und obs dann wirklich so wird wie ich mir das vorstelle? Ob es nicht nur den Anschein macht, dass sie solche Gespräche führen? Dass in der
heutigen Zeit der ganze Druck von oben nicht eher unangenehmer ist, als dass man gerade keinen Gesprächspartner hat?
Und zuguterletzt sind da noch die beiden Kinder. Ob es im jetzigen Zeitpunkt für Beni und Maja so gut wär, wenn ich plötzlich 50-100% ausserhaus bin? Ich wage es zu
bezweifeln. Zuviele Berichte die mir in letzter Zeit in die Hände kamen wo es genau darum ging, dass Mutter in dem Alter (Kind zwischen 5 und
15) wieder zu arbeiten beging, Kind häufig allein zuhause etc. Und die Kinder haben alle "Schäden". Drogen (wohl das Schlimmste), Fettsucht
(mit 13 bereits 109kg auf die Waage bringen ist beträchtlich...), usw. usf. Und das alles nur, weil ich glaube wieder arbeiten zu müssen?
Weil ich "dazugehören" will? Nein! Ich werd es nicht tun. Lieber bleib ich noch einige Jahre zuhause und bin für die Kinder da, wenn sie mich
brauchen. Um einfach wieder arbeiten zu gehen, sollte es auch noch in 5-10 Jahren reichen. Und wer weiss, wie bis dann die Arbeitsmarktlage
aussieht.
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Re: Neid!
Geschrieben von Beat Rubischon am
Dienstag, 18. Oktober 2005, 08:51
Hin und wieder kommt es vor, dass ich Grüppchen sehe, ...
Mir kommt diese Situation ziemlich bekannt vor. Das, obwohl ich arbeite :-)
In einem klassischen Staatsbetrieb, der die ETH halt eben doch noch ist, sind die Grüppchen extrem betoniert. Man hat immer dieselben 5-10 Leute um sich, kann die Geschichten nach ein, zwei Jahren einfach nimmer hören. Ein Austausch findet faktisch nicht statt, obwohl runde 20'000 Leute in diesem Betrieb zu tun haben.
Meine wirklich gute Zeit war die Lehre. Im Lehrbetrieb, in der Berufsschule und im Ausgang hatte man Zeit und Lust, Leute zu treffen, sich mit ihnen auszutauschen. Als Verkäufer waren die sozialen Kontakte besonders intensiv. Man hatte vom Betrieb her nicht den Druck, derart produktiv zu sein, man durfte zwischendurch etwas lernen. Ich vermisse dieses Umfeld und beneide unsere Stiften darum. Wenn ich die Chance hätte, eine Ausbildung zu machen, vielleicht ein, zwei Jahre einfach auszusteigen und etwas wie eine Lehre zu machen - ich würde zupacken. Aber noch habe ich ein paar Verpflichtungen wie ein Beni und eine Maja, die das verunmöglichen.
Im Hochschulumfeld blickt man auch etwas in die Welt der Studenten. Auch hier herrscht ein brutaler Wettbewerb und die Zusammenarbeit der einzelnen Leute scheint auf wackeligen Beinen zu stehen. Es gibt durchaus Gruppen, die sich regelmässig sehen und zusammen lernen, essen und Spass haben. Aber ein grosser Teil ist alleine unterwegs, macht vielleicht einmal etwas Small-Talk. Die Energie, die von den Studenten zwischen Ende der 60er und Mitte der 80er ausgegangen ist, fehlt komplett. Der "schlappe Haufen", den man heutzutage in der Mensa sieht, wäre kaum mehr in der Lage Politik zu betreiben oder ein Pflasterstein zu werfen. Auf alle Fälle kann mich der tägliche Anblick unserer Studis garantiert nicht dazu motivieren, eine Matura berufsbegleitend nachzuholen.
Ein letzter Ort der Kontakte ist der Ausgang. Wobei hier ganz klar eine gewisse Regelmässigkeit stattfinden muss, bevor sich Leute öffnen und miteinander in Kontakt treten. Dies ist für Eltern faktisch unmöglich und so landet man automatisch in einer eigenen Welt.
Ich versuche immer wieder einmal da auszubrechen und mich bewusst mit Singles bzw. Kinderlosen Paaren zu treffen. Aber es bedeutet viel Arbeit, Energie und Zeit, die ich nicht immer aufbringen mag. Nach wie vor trainiere ich auf das Ziel, wieder tanzen zu können - ähnlich, wie ich das schon im '99 begonnen habe. Doch braucht gerade das Tanzen eine gewisse Regelmässigkeit, die ich neben meinem aktuellen Job leider noch immer nicht hinbekomme.
Im Gegensatz zu Priska, die sich mit der Situation arrangiert, bin ich aktuell eher etwas am Umkrempeln. Meine Ferien gaben mir viel Energie, mein Leben in die Hand zu nehmen und den schmalen Grat zwischen Freiheit und Verantwortung zu gehen. Ich hoffe, dass diese Energie noch eine Weile reicht und ich einen Weg finden werde, der sowohl mich befriedigt als auch die Bedürfnisse meiner Familie zu decken vermag.
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Re: Neid!
Geschrieben von bak am
Mittwoch, 11. Januar 2006, 14:32
Vielleicht ist der "schlappe Haufen" einfach nur geschafft von der ganzen Sache?
PS: Eine Matur bringt einen erweiterten Horizont und dient nicht nur als Ticket für eine Hochschule.
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