Dresscode
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Geschrieben von Beat Rubischon am
Dienstag, 12. Juli 2005, 01:56
aus dem nadelstreifen dept.
In meiner Karriere habe ich eigentlich immer versucht, mich passend und korrekt anzuziehen. Ich war in der glücklichen Lage, eigentlich nie in einer Firma zu sein, die einen Dresscode kennt. Umso erstaunter bin ich, wenn ich von den diversesten Blüten höre, die gewisse Firmen so treiben.
Besonders Firmen aus dem angelsächsischen Raum kennen sehr strenge Regeln über die Kleiderordnung. Ist englische Tradition. Selbst an einem Formel 1 Rennen muss man passend gekleidet sein - sonst lässt einen der Türsteher nicht rein obwohl man einen sündhaft teuren, meist über eine Art Lotterie verteilten Platz ergattert hat. Bernie ist in dieser Hinsicht richtiger Engländer.
Aber auch schweizer Firmen sind oft sehr strikt. Es müssen nicht immer die Banken sein - wer erinnert sich nicht an die Schlagzeilen, dass man in Leutschenbach keine Flip-Flops tragen darf? Sogar Google erinnert sich daran und schreibt: Für die einen sind Flip Flops der grösste modische Sündenfall überhaupt, für
andere sind sie schlicht der Inbegriff des Sommers. ... Der Originaltext ist leider verloren.
Nun aber zurück zu den Banken. Nach einem kurzen Abflug der Yuppies in den 80ern mit bunten Hosenträgern - siehe dazu Wall Street mit Michael Douglas - sind sie wieder zum braven Anzug mit Hemd und Krawatte zurückgekehrt. Die einzige Variation in den vergangenen 20 Jahren ist die Frage, ob die Hosenbeine nun exakt abgelängt oder - jetzt modern - etwas zu lang sein sollen. Darunter trägt Mann schwarze, bestenfalls dunkelbraune Halbschuhe und selbstverständlich Socken.
Bei den Frauen ist die Sache ähnlich düster. Sie dürfen zwar Röcke tragen - aber bitte nicht kürzer als knielang und unauffällig gefärbt und geschnitten. Darüber eine Bluse, möglichst ein passender Blazer, darunter zwingend Strumpfhosen und geschlossene Schuhe. Pumps von Vorteil. Wer einmal eine Strunpfhose von 20 DEN getragen hat, weiss wie warm dieses eigentlich bloss hauchzarte Gewebe vermitteln kann.
Jeans? Kurze Hosen? Miniröcke? Bauchfrei? Keine Socken oder Strümpfe? Offene Schuhe? Kurzarmhemden? Fehlanzeige!
Die einen Firmen setzen solche Regeln bestenfalls mündlich und auch nur im direkten Kundenkontakt. Andere wiederum betonieren dies für Leute, welche im Aussendienst oder sonst in Kundenkontakt stehen, per Vertrag. Wiederum andere legen solche Regeln selbst für das Backoffice Personal fest. Und plötzlich muss der Informatiker sich vorsehen, damit seine Krawatte nicht vom Laserprinter aufgefressen wird.
Ich erinnere mich gut an die vielen IBM-Techniker, die immer mit zwei Dingen auftauchten: Einem blauen Anzug und einem Elektroschrauber. Und ich erinnere mich an manchen, der mehr Arbeit mit der Krawatte als mit dem Lösen der typischerweise 23453 Schrauben an einer AS/400 hatte.
Und was müssen die Geschäftsleiter nun tun, damit die Arbeitsleistung wieder stimmt? Richtig! Kühlen. Mit Klimaanlagen. Man schaufelt die Hitze vom Büro nach draussen. Und verbruzzelt damit einen Heidenberg Energie. Manchmal so viel, dass in ganzen Landstrichen der Strom ausgeht.
Einzig die Japaner haben vor kurzem reagiert. Da werden Manager dazu erwärmt, ihren Mitarbeitern Tenüerleichterung zu geben, um die Ziele des Kyoto-Protokolls zu erreichen. Aber wir wissen ja, dass George W. als richtiger Texaner nicht viel vom Energiesparen hält. Und entsprechend ist aus den Staaten auch keine Trendwende zu erwarten - obwohl auch die über einige vielversprechende Designer verfügen.
Auch ich arbeite in einer Firma mit Regeln. Doch sind mir diese einigermassen verständlich. Beispielsweise schreibt die Suva Schuhe vor. Schliesslich arbeiten wir in einem Labor und da muss man durchaus mit einem zerdepperten Reagenzglas rechnen. Aber dagegen reicht eine Sohle und somit sind Flip-Flops durchaus akzeptiert. Dann gibt es noch ungeschriebene Gesetze. Beispielsweise Krawatten. Wer mit einer solchen auftaucht, macht sich suspekt. Der kann doch nichts wissen, wenn er eine Krawatte anziehen muss. Die Regel wird genau einmal pro Jahr gebrochen: Während dem Polyball. Da kommen alle Ers geschalt und alle Sies im langen schwarzen. Macht dann aber auch nichts, im November ist es normalerweise bitterkalt.
Der Wetterbericht sagt gegen Ende Woche sommerliche Temperaturen voraus. Freuen wir uns darauf!
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